Genug Leute auf der Piste, zu wenig Personal in den Betrieben © APA - Austria Presse Agentur

Im Tourismus gibt es Tausende offene Stellen - vor allem Köchinnen und Köche sowie Kellnerinnen und Kellner fehlen. "Das ist ein systemimmanentes Problem", hielt der Chef des Arbeitsmarktservice (AMS), Johannes Kopf, auf einem Symposium in Obertauern fest. "Die Betriebe brauchen alle zwei Jahre 40 Prozent neue Arbeitskräfte - sie brauchen Leute am Abend und am Wochenende und wir fahren gerne auf Urlaub, wo wenig Menschen wohnen." Für Beschäftigte ist das unattraktiv.

Zusätzlich verschärft wird der Arbeitskräftemangel durch die sukzessive Pensionierung der Babyboomer-Generation. "2022 haben wir zum ersten Mal die Demografie am Arbeitsmarkt gemerkt - es gehen mehr 65-Jährige, unten kommen weniger 15-Jährige nach", berichtete Kopf. Die erste Branche, die geschrien habe, sei der Tourismus gewesen. Diese Branche trifft das wegen der hohen Fluktuation besonders hart.

"In Bezug auf Arbeitsqualität gibt es - obwohl es schwarze Schafe gibt - sehr viele Betriebe, die sich wirklich um Flexibilität, Wertschätzung, Anerkennung und Ausbildung bemühen - trotzdem verlassen Leute die Branche, weil sie eine Familie gründen oder sich verliebt haben", so der AMS-Vorstandsvorsitzende.

Ende März gab es heuer im Tourismus knapp 9.000 beim AMS gemeldete offene Stellen - um 2.105 (19 Prozent) weniger als vor einem Jahr. "Die Dramatik der Personalnot ist Gott sei Dank nicht mehr ganz so wie letztes Jahr, aber leicht ist es noch immer nicht", so Kopf.

Die Dunkelziffer der offenen Stellen liegt zudem bei etwa der doppelten Anzahl. Laut Stellenmonitor des Wirtschaftsbunds seien im Februar 2024 österreichweit knapp 18.000 Jobs im Tourismus unbesetzt gewesen, sagte der Geschäftsführer des Bundessparte Tourismus und Freizeitwirtschaft in der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ), Manfred Katzenschlager. "Alle Branchen, alle Stellen - rund 50 Prozent laufen über das AMS, das ist die Einschaltquote, die wir haben", bekräftigte Kopf.

"Für 60 Prozent der Unternehmen stellt die Arbeitskräfteproblematik die größte Herausforderung dar", betonte der WKÖ-Obmann der Bundessparte Tourismus und Freizeitwirtschaft, Robert Seeber, unter Verweis auf eine Umfrage der Kammer. "Mitarbeiter ist das Hauptthema, das uns beschäftigt." Im Vergleich dazu blieben die gestiegenen Energiekosten und die Zinsproblematik außen vor.

"Es gibt sogar Angebotseinschränkungen und sogar zusätzliche Schließtage", strich Seeber die Konsequenzen hervor. "Letztes Jahr hatten wir erstmals Sperrtage bei Skihütten - die haben sich abgesprochen und zugesperrt, das war aus der Not heraus einfach nötig", bestätigte der Geschäftsführer der Fachgruppe Hotellerie in der Wirtschaftskammer Salzburg, Reinhold Hauk. "Sehr viele Mitarbeiter haben sich aufgrund der Pandemie in andere Branchen orientiert und die Mitarbeiterverknappung kommt verstärkend hinzu", erklärte der Branchensprecher. "Die Betriebe suchen im gleichen Zeitausmaß nach Mitarbeitern wie nach Gästen."

Um Beschäftigte herrscht laut Kopf "ein Kampf, ein Wettbewerb". "Und wir werden Tourismusbetriebe haben, die zusperren, weil sie kein Personal finden."

Im Februar 2024 beschäftigte die Branche 237.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter - um 2.500 mehr als vor einem Jahr. "Wir haben in Österreich nur 6 Prozent unserer Beschäftigten im Tourismus, aber in Wirklichkeit hängen an der Branche sehr viele zusätzliche Arbeitsplätze - Installateure und Handwerker", relativierte Kopf. Auch die Zahl der Lehrlinge stieg - um 3,5 Prozent auf rund 7.000.

"Ob der systemimmanenten Not von ununterbrochen frischen Leuten", arbeiten im Tourismus rund 40 Prozent aus dem Inland, weitere rund 40 Prozent aus dem EU- oder EWR-Ausland sowie etwa 20 Prozent Drittstaatenangehörige. Für Letztere gebe es "Kontingente, die ob der Not deutlich vergrößert wurden über die Jahre". Im vergangenen Jahr umfasste das Drittstaatenkontingent 15.785 Personen. Zusätzlich wurden 1.030 Rot-Weiß-Rot-Karten verteilt.

Die Wirtschaftskammer wünscht sich - probeweise - eine "Totalfreigabe der Saisonkontingente". Dem erteilte Kopf eine klare Absage: "Das würd ich mich nicht trauen - ich komme vom AMS und hab schon auch Kunden", hielt er dem Ansinnen der Kammer entgegen. Er könne sich allerdings Erleichterungen für EU-Beitrittskandidaten - das Westbalkankontingent - vorstellen. "Ich glaube, das würde der Branche schon helfen."

Inmitten des akuten Arbeitskräftemangels ist der Wintertourismus heuer bisher gut gelaufen. Zwischen November und Februar legten die Nächtigungsbuchungen im Jahresabstand um rund 5 Prozent auf etwa 50 Millionen zu. "Das ist das zweite Mal seit 2019 und '20, dass die 50-Millionen-Marke übersprungen wurde", so Seeber. "Trotz Herausforderungen hat der Tourismus hohe Resilienz gezeigt."