Büttner: 16 Mio. Euro-Abschreibung auf China-Fruchtgeschäft © APA - Austria Presse Agentur

Der Frucht-, Stärke- und Zuckerkonzern Agrana profitiert derzeit von hohen Zucker-Verkaufspreisen, die zollfreie Zucker-Importwelle aus der Ukraine belastet aber das Geschäft. "Profiteure sind Zucker-Handelsunternehmen, die nach Europa exportieren, und nicht ukrainische Rübenbauern", kritisierte der neue Agrana-Chef Stephan Büttner im APA-Interview. Er will die "wirtschaftliche Performance" und das Wachstum forcieren. Ein Rückzug aus Russland ist derzeit nicht geplant.

Bis Juni 2022 konnte die Ukraine nur rund 20.000 Tonnen Zucker pro Jahr in die EU exportieren. Um die ukrainische Landwirtschaft, die unter dem russischen Angriffskrieg leidet zu unterstützen, hob die EU gewisse Agrar-Zölle bis Juni 2024 auf. Für das laufende Zuckerwirtschaftsjahr 2023/24 werden Importe aus der Ukraine von bis zu 700.000 Tonnen erwartet. Die ukrainischen Zuckerimporte hätten den Agrana-Absatz in Rumänien, Bulgarien und Ungarn "massiv beeinträchtigt", sagte der Agrana-CEO. "Das ist für uns ein beträchtlicher Schaden, weil wir sehr viel Absatzvolumen verloren haben und auch entgangene Deckungsbeiträge und höhere Lagerkosten haben." Büttner kann sich für die Ukraine künftig eine Zuckerquote von maximal 200.000 Tonnen pro Jahr vorstellen.

Ein Rückzug aus Russland, wo der Konzern ein Werk betreibt, ist laut dem Firmenchef momentan nicht geplant. Zwar verurteile er den russischen Krieg gegen die Ukraine, ein Ausstieg sei aber nicht im wirtschaftlichen Interesse des Unternehmens, zumal es sich um einen profitablen Zweig handle. Man könne das Geschäft daher "nicht einfach abschreiben". "Ein Exit aus Russland ist weder rechtlich noch wirtschaftlich aus unserer Sicht vernünftig darstellbar", so Büttner. Außerdem müsse man sehen, dass Agrana keine Lifestyle- oder Luxusprodukte herstelle, sondern die örtliche Bevölkerung mit Lebensmitteln versorge.

Die börsennotierte Agrana ist bei Endkunden in Österreich vor allem mit ihrer Marke "Wiener Zucker" bekannt. Der Konzern beschäftigt rund 9.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an weltweit 55 Produktionsstandorten. Büttner fungiert seit Jahresbeginn als CEO der Agrana. Er übernahm das Zepter von Markus Mühleisen, der nach einer zweieinhalbjährigen Amtsperiode als Chef des Unternehmens abtrat. Zum doch etwas überraschenden Abgang von Mühleisen, dessen Vorgänger Johann Marihart immerhin fast drei Jahrzehnte lang an der Spitze der Agrana gestanden war, wollte sich Büttner nicht näher äußern. Das sei eine Sache "zwischen dem Herrn Mühleisen und dem Aufsichtsrat".

Zu seinen Zielen als neuer Agrana-Chef sagte Büttner, dass er die Arbeit an der strategischen Agenda der Agrana fortsetzen und die wirtschaftliche Performance weiter verbessern wolle. Zwar sei das Unternehmen grosso modo mit der Ergebnisentwicklung zufrieden, "es ist aber immer noch nicht so, dass wir sagen können, wir sind ein sehr profitables Unternehmen".

Der Agrana-Umsatz belief sich in den ersten drei Quartalen 2023/24 auf 2,95 Mrd. Euro und der Konzerngewinn auf 78,1 Mio. Euro, wie der Konzern Donnerstagfrüh mitteilte. In der Vorjahresperiode war aufgrund von Abschreibungen in der Ukraine und Russland nur ein kleiner Gewinn in Höhe von 5,4 Mio. Euro angefallen. An der Wiener Börse notierten die Agrana-Aktien am Donnerstagmittag mit einem Kursplus von 2 Prozent bei 14,65 Euro.

In Asien gab es für das Unternehmen zuletzt aber auch Rückschläge: Agrana nahm im dritten Quartal Abschreibungen auf zwei Fruchtzubereitungswerke in China in Höhe von 16 Mio. Euro vor, weil dort eine geringere Nachfrage und höherer Preisdruck das Geschäft belasten. Bei Raumtemperatur lagerfähige "Ambient"-Joghurts boomen in China und Agrana liefert Fruchtzubereitungen nur für gekühlte Milchprodukte.

Aus Sicht von Büttner gilt es vor allem, die Abhängigkeit von Preisbewegungen an den Märkten zu reduzieren - so weit dies als Lebensmittelkonzern möglich ist. Für diesen Zweck sei etwa der eine oder andere Zukauf denkbar. "Wir werden wachsen müssen." Eine solche Entwicklung werde aber jedenfalls nicht von heute auf morgen erfolgen, zumal die Eigentümerstruktur und deren Interessen vielschichtig seien und das Unternehmen über begrenzte Mittel verfüge. Der deutsche Zuckerkonzern Südzucker, die Raiffeisen-Holding NÖ-Wien und die Rübenproduzenten halten zusammen rund 81 Prozent an der Agrana, 19 Prozent befinden sich im Streubesitz.

Für das Gesamtjahr 2023/24 rechnet das Agrana-Management "mit einem sehr deutlichen Anstieg" beim Konzern-Betriebsgewinn und mit "einem moderaten Anstieg" beim Umsatz. Ab dem vierten Quartal 2023/24 und den Folgemonaten erwarte man aber "ein zunehmend herausforderndes Geschäftsumfeld", so Büttner.