Smart Citys bieten hohes Potenzial dafür, Prozesse durch künstliche Intelligenz zu optimieren. © PHOENIX CONTACT GmbH

Durch die zunehmende Anwendung künstlicher Intelligenz (KI) in ­industriellen Applikationen lassen sich nun auch hochkomplexe Heraus­forderungen lösen.

... Die stetig steigenden Datenmengen, die aus den immer komplizierter ­werdenden IoT-Sensoren und -Aktoren resultieren, erfordern nämlich ­Maschinen und Prozesse, die selbstständig Erkenntnisse gewinnen und Abläufe optimieren können.

Das Potenzial der künstlichen Intelligenz ist riesig: Fahrerlose Transportsysteme finden eigenständig ihren Weg durch die Fabrikhallen, Anlagen justieren und optimieren sich während des laufenden Betriebs – um ein paar Beispiele zu nennen. Der Begriff „künstliche Intelligenz“ (KI), der nicht eindeutig definiert ist, umfasst viele Bezeichnungen. Vereinfacht dargestellt, können Computerprogramme eine menschliche Intelligenz nachbilden sowie selbst Regeln erstellen, um eigenständig durch Erfahrung zu lernen. Auf diese Weise kann sich das System autonom optimieren, damit es ohne Hilfe des Menschen in der Lage ist, Aufgaben abzuarbeiten.
Zu den unter KI fallenden Schlagwörtern gehören Machine-Learning (ML) und Deep Learning (DL). Beim maschinellen Lernen wird ein Problem auf der Grundlage der bisher gemachten Erfahrungen bewältigt. Auf Basis von Datenbeständen und Algorithmen, die vom Anwender generiert werden müssen, lassen sich so zum Beispiel Anwendungen im Bereich Predictive Maintenance entwickeln, also zukünftige Ereignisse vorhersagen. Anomalien werden selbstständig mit den Datenbeständen verglichen, um beispielsweise die Lebenszeit der Anlage zu berechnen.

Bei Deep Learning – dem tiefgehenden Lernen – handelt es sich um einen Teilbereich des Machine-Learning, der über neuronale Netze verfügt. Neuronale Netze sind Strukturen, die das menschliche Gehirn imitieren und somit unüberwacht aus unstrukturierten und unmarkierten Daten lernen. Deep-Learning-Algorithmen verbessern sich folglich ohne menschliches Zutun und eignen sich neue Fähigkeiten an. Im Gegensatz zum maschinellen Lernen muss einem Deep-Learning-Algorithmus nicht mehr mitgeteilt werden, auf welche Merkmale er zu achten hat. Zur verständlichen Darstellung der Anwendungsfälle werden beide Verfahren einander mit dem Ziel gegenübergestellt, eine Bildverarbeitung und daraus resultierend eine Objekterkennung zu entwickeln. 

Mit einer algorithmischen Kette weitere Aufgaben lösen
In der klassischen Bildverarbeitung, die auf dem manuellen Antrainieren des Modells beruht, gibt es zahlreiche verfügbare und zuverlässige Algorithmen, die sich als effizient und transparent erwiesen haben. Der Anwender erhält also eine Erklärung, wie das Ergebnis zustande kommt. Der Nachteil bei einer solchen Vorgehensweise liegt da­rin, dass das eher unflexible Verfahren auf spezifische Aufgaben zugeschnitten werden muss. Unter Umständen ist jede Prüfauf­gabe aufwendig zu modellieren, sodass sich bestimmte Objekte klassifizieren lassen. Die auf Deep Learning basierenden Verfahren ermöglichen inzwischen eine hohe Qualität der Objekterkennung.
Gegenüber dem klassischen Verfahren können somit eine größere Genauigkeit und Fehlertoleranz sichergestellt werden. Ein weiterer Vorteil ergibt sich    daraus, dass dieselbe algorithmische Kette zur Lösung anderer Probleme verwendet werden kann. Ein weiteres Netz ist folglich in der Lage, ein anderes Objekt zu klassifizieren. Neuronale Netze lassen sich also nachtrainieren. Allerdings ist zur Ausführung eines solchen Verfahrens eine enorme Rechenleistung notwendig. 

Während künstliche Intelligenz schon lange Einzug in den Consumer-Bereich gehalten hat, kommen jetzt auch reale Anwendungen im industriellen Umfeld zum Einsatz. Mitarbeiter nutzen täglich über ihr Smartphone Sprach- und Bilderkennungen, Bürogebäude sind voll autonom und reagieren auf jegliche Außeneinflüsse, etwa Hitze, Kälte, Lichteinstrahlung oder Wind. Diese und weitaus komplexere Teilbereiche der KI werden verwendet, damit sich Prozesse laufend optimieren und die Effizienz von Maschinen und Anlagen entsprechend steigert.

Neue Herausforderungen durch künstliche Intelligenz lösen (li.). Selbstfahrende Systeme durch den Einsatz von künstlicher Intelligenz (re.) © PHOENIX CONTACT GmbH


Bei der Qualitätskontrolle von Kunststoffspritzteilen bewährt
Als ein Beispiel für den Einsatz von KI in der Industrie sei das Detektieren von Qualitätsdefekten angeführt, beispielsweise in der Lebensmittelindustrie. Ein Schokoriegel wird durch mehrere Kameras erkannt und anhand einer zuvor manuell angelegten Datenbank mit Gut- oder Schlechtbildern verglichen. Hierbei handelt es sich um eine klassische Anwendung des Maschine-­Learning.

Anders läuft es in einem weiteren Beispiel ab, das von Phoenix Contact mitbetreut wird. Dabei geht es um die Qualitätskontrolle von Kunststoffspritzteilen für die Automobilindustrie. Im Fokus steht hier eine absolute Null-Fehler-Toleranz, die durch eine Bildverarbeitung sichergestellt werden soll.

Als zusätzliche Anforderung ist ein flexibles Verfahren zu entwickeln, mit dem sich verschiedene Teile analysieren lassen. Vor diesem Hintergrund wenden die KI-Spezialisten einen Deep-Learning-Ansatz an. Dazu wird das Objekt klassifiziert, um festzustellen, an welchen Stellen ein Fehler auftritt. Darüber hinaus ist das Netz als sogenannte Anomaliedetektion konzipiert. So lässt sich detektieren, ob und in welchem Ausmaß die Schlechtteile von den Gutteilen abweichen. Als Mehrwert für den Betreiber kann dieselbe Inspektionsroutine für unterschiedliche Teile genutzt werden. Er benötigt außerdem keine KI-Expertise, damit er mit derartigen Systemen arbeiten kann. Das System muss lediglich einmal eingerichtet werden.

Prozesse durch leistungsfähige Hardware in Echtzeit umsetzen
Im Bereich Smart Citys gibt es viele Applikationsbeispiele für die sinnvolle Verwendung von künstlicher Intelligenz. Eine vernetzte, intelligente Infrastruktur bietet ein hohes Potenzial, Prozesse durch den Einsatz von KI zu optimieren. Im Rahmen der smarten Infrastruktur kann es sich um das Schalten von Ampel- und Beleuchtungsanlagen bis hin zur Verkehrsüberwachung handeln, die auf Sensorsystemen zur Verkehrsoptimierung basiert. Des Weiteren ist ein Parkmanagement denkbar, sodass die Parkhäuser in der Großstadt besser ausgelastet sind und die Autofahrer nicht lange nach einem Parkplatz suchen müssen. Selbst eine Vehicle-zu-Vehicle-Kommunikation ist möglich.

Wie in industriellen Anwendungen resultiert aus den geschilderten Szenarien die wichtige Anforderung einer kompakten und leistungsfähigen Hardware. Als Beispiel für ein solches Gerät sei das KI-Erweiterungs­modul AXC F XT ML 1000 aus dem offenen Ecosystem PLCnext Technology von Phoenix Contact genannt. Das links an eine PLCnext-Steuerung anreihbare Modul enthält die Google Coral TPU (Tensor Processing Unit). Auf diese Weise ist es in der Lage, auf dem Tensorflow-Framework beruhende Verfahren zu beschleunigen und in Echtzeit umzusetzen. Mit dem AXC F XT ML 1000 kann der Anwender eine autonome oder cloudbasierte Applikation entwickeln und seine SPS-Variablen direkt beeinflussen respektive mit ihnen interagieren. Auf der Grundlage von künstlicher Intelligenz wertet das Modul, das zur SPS 2021 auf dem Markt erhältlich ist, die Rohdaten der Sensoren am Entstehungsort aus.

Die Gesamtstruktur einer entsprechenden Anwendung kann wie folgt aussehen: Die PLCnext-Steuerung inklusive KI-Erweiterungsmodul ist in der Feldebene – also vor Ort in der Stadt – installiert und dort mit der jeweiligen Sensorik verbunden. Die Datenkommunikation erfolgt entweder direkt mit den IT-Systemen oder über eine Cloud-Lösung. Eine weitere Besonderheit der offenen Steuerungsplattform stellt die Anbindung der Steuerung an den PLCnext Store dar. Neue Apps lassen sich vom digitalen Marktplatz einfach auf die SPS aufspielen, weshalb dieselbe Hardwareplattform für verschiedene Anwendungsfälle genutzt werden kann.

Fazit
Auf Basis der PLCnext-Steuerungsplattform sind bereits Applikationen zur Tunnel- oder Parkraumüberwachung sowie zur allgemeinen Auswertung eines Streckenabschnitts realisiert worden. In diesem Zusammenhang hat auch eine exakte Verkehrszählung stattgefunden, in deren Rahmen unterschiedliche Fahrzeugtypen klassifiziert wurden und eine Verkehrsflussanalyse und -optimierung erfolgte. (red./PR)

Info-Box
Von den Vorteilen der KI profitieren
Aufgrund der zunehmenden Anwendung von künstlicher Intelligenz lassen sich hochkomplexe Herausforderungen in industriellen Applikationen lösen. Use-Cases in der Qualitätskontrolle oder in Smart Citys eröffnen ein hohes Potenzial, um auf diese Weise Prozesse zu optimieren und eine Null-Fehler-Toleranz zu entwickeln. Durch eine kompakte, leistungsfähige sowie direkt an die Steuerung anbindbare Hardware können die Rohdaten der Sensoren noch am Entstehungsort durch Verfahren des Machine-Learning oder Deep Learning ausgewertet werden.

Dadurch ergeben sich folgende Vorteile für den Betreiber:
mehr Flexibilität, denn die Intelligenz kann auch ohne Programmierung mit unbekannten Objekten umgehen
mehr Produktivität, weil Maschinen automatisch und flexibel auf Situationen reagieren, die bisher manuell bewältigt werden mussten; das reduziert Stillstandzeiten und erhöht die Verfügbarkeit
mehr Qualität, da sich die Prozesse zuverlässig und schnell durch trainierte neuronale Netze prüfen lassen
mehr Effektivität, indem Probleme in der Produktion frühzeitig erkannt und folglich Kosten für Nacharbeiten oder Ausschuss eingespart werden.

www.phoenixcontact.at/plcnext