Gerhard Höllinger, Geschäftsführer der IMS Höllinger GmbH, im Porträt

NEW BUSINESS - NR. 9, NOVEMBER 2021
»Wir verfolgen mit Höllinger von Anfang an drei Grundwerte: Einfachheit, Natürlichkeit und Beweglichkeit.« © Foto Fischer

Wer nicht genießt, ist ungenießbar: Arbeit muss sein? Nein! Arbeit macht Spaß! Zumindest, wenn man wie Gerhard Höllinger mit Leidenschaft dabei ist.

Auch wenn Sie das vielleicht erwarten: Diese Geschichte beginnt nicht mit Saft. Ja nicht einmal mit Obst oder etwas anderem, das auf einem Baum, an einem Strauch oder aus dem Boden wächst. Ganz im Gegenteil. Wie so oft im Leben stand am Anfang eine Eins – allerdings in Begleitung einer Null. Denn Gerhard Höllinger war ursprünglich auf das Thema EDV spezialisiert. Erst später hat er Matura und Studium nachgeholt. „Mein damaliger Chef war ein richtiger Marketer – von Kopf bis Fuß. Er hat mich so beeindruckt, dass ich mich auch unbedingt auf das Thema Marketing fokussieren wollte, also habe ich mich für den WU-Universitätslehrgang für Marketing, Werbung und Verkauf angemeldet. Nach dem Abschluss des Lehrganges hatte ich das Wissen und den ‚Werkzeugkoffer‘ in der Hand. Da begann mein jetziger Berufsweg. 1997 habe ich Höllinger gegründet.“

Dieser Chef war übrigens niemand Geringeres als Mario Rehulka, damals Leiter der Werbeabteilung der AUA und später unter anderem Vorstandsdirektor der Fluglinie. „Dank ihm habe ich eine ­völlig neue Richtung eingeschlagen und das gefunden, wofür ich wirklich brenne.“

Ein Gespür für das, was fehlt
Wofür Höllinger brennt, das ist nicht in erster Linie Saft – nicht ausschließlich. Es ist vielmehr das Gespür dafür, was fehlt. So wie damals, als in den Supermärkten die ersten direkt gepressten, frischen Säfte in den Kühlregalen auftauchten. Was fehlte, das war der typisch österreichische – genauer: steirische – Apfelsaft. Höllinger sah, was eben NICHT da war. Und das wollte er ändern.
Ein Spaziergang war es trotzdem nicht. Die Idee wurde nicht sofort und auch nicht überall gut aufgenommen. So leicht ließ er sich aber die Suppe nicht versalzen. Schließlich lautet sein Erfolgsrezept, „einmal mehr aufzustehen als hinzufallen“. Es gehe darum, „ein Projekt umzusetzen und trotz aller Rückschläge dranzubleiben“, so Höllinger, und weiter: „Unterschiedliches probieren und besser als alle anderen sein. Der Wille zählt!“

Das gilt auch heute noch. Oder ganz besonders heute, wo doch schon lange nicht mehr nur Apfelsaft die Höllingersche Produktion verlässt. Wo kommen nur die Ideen her? „Das Schönste ist, dass wir die Produkte, die wir uns im Team wünschen, auch tatsächlich kreieren und auf die Welt bringen können. Das beste Beispiel ist unser Bio Magnesium Sportdrink. Beim Radfahren habe ich mir ein Bio-Getränk in höchster Qualität gewünscht, das mir alles gibt, was ich beim Sport verliere. Und genau dieses Wunschprodukt haben wir schluss­endlich entwickelt – diese Freiheit ist wirklich sehr spannend. Und wenn ich dann sehe, wie im Supermarkt neben mir jemand zu unseren Produkten greift, dann ist das ein Erfolgserlebnis für mich.“ 

Die Basis dieses Erfolges sind Grundwerte, die von Anfang an verfolgt wurden: Einfachheit, Natürlichkeit und Beweglichkeit. „Diese Grundwerte finden sich in allen Elementen wieder: in den einfachen wie köstlichen Rezepturen, im Weglassen von Zusatzstoffen und in der Verwendung von natürlichen, möglichst wenig vorverarbeiteten Rohstoffen. Auch unser Produktsortiment ist darauf zurückzuführen: Auf aktuelle Geschmacks- und Ernährungstrends und die Wünsche der Kund:innen reagieren wir rasch und mit Flexibilität. Die Grundwerte ziehen sich wirklich durch alle Bereiche, wir trinken selbstverständlich Bio-Kaffee im Büro und kaufen nichts ‚Made in China‘. Wir bleiben uns selbst treu“, macht Gerhard Höllinger deutlich.

Zum Erfolg gehört neben diesen Werten eben auch, Verantwortung zu tragen. Das beginnt bei dem Versprechen, das die Packung dem Konsumenten gibt und das vom Inhalt gehalten werden muss, und setzt sich fort bei Entscheidungen, wie dem Ersetzen von Trinkhalmen aus Plastik gegen solche aus Papier – wie jüngst bei den Höllinger-Schulsäften. Ein weiteres Beispiel ist die Investition in 50 neue Lagertanks mit einem Volumen für 1,8 Millionen Liter Apfelsaft in der Steiermark, nämlich in St. Stefan ob Stainz. „Ab der diesjährigen Apfelernte wird der Apfelsaft also auch dort gelagert, wo er angeliefert und gepresst wird – das Thema Regionalität spielt bei uns eine große Rolle“, erklärt der Selfmademan. 

Noch einiges offen
Der begeisterte Sportler hat sich vorgenommen – „nachdem ich eigentlich bald in Pension gehen könnte“ –, zumindest beruflich etwas kürzer zu treten. Es klingt jedoch nicht im Entferntesten nach so etwas wie einem „Ruhestand“, wenn er sagt: „Im Privaten zieht es mich die nächsten Jahre auf Berge und Gipfel, die noch bestiegen, und Meere, die besegelt werden wollen. Da ist noch einiges offen.“ Seine Hobbys sind ihm wichtig und haben in seinem Leben aufgrund seiner „gut gelebten Work-Life-Balance“ auch ihren festen Platz. Denn: „Zeit für Hobbys muss einfach sein. Und seien wir uns ehrlich: Wer nicht genießt, ist ungenießbar.“ Wohl gesprochen. Na dann, Prost! (RNF)


12 FRAGEN AN GERHARD HÖLLINGER

Was wollten Sie als Kind werden?
Ich wollte sehr lange Zeit Kameramann werden. Ich war immer fasziniert von diesen großen Kameras und der gesamten Technik, die dahintersteckt.
    
Was bedeutet Glück für Sie?
Glück bedeutet für mich, im Kreise von Familie und Freunden Zeit zu verbringen. Dabei müssen keine großartigen Unternehmungen gemacht werden, da reicht auch normaler Alltag. Zu Beginn von Höllinger hatte ich mein Büro sehr lange Zeit in unserer Garage. Aus dem einfachen Grund, weil ich dadurch Zeit mit meiner Familie und meinen zwei Kindern verbringen konnte. Das ist für mich pures Glück! 

Welches Buch haben Sie zuletzt gelesen?
Der Verlag von John Strelecky hat mich neulich angerufen, weil ich in einem Interview angegeben hatte, dass das Buch „The Big Five for Live“ mein liebstes ist. Weil wir auch über seine anderen Bücher gesprochen haben, lese ich nun „Das Kaffee am Rande der Welt“.

Welche Persönlichkeit inspiriert Sie?
Der Brite Richard Branson – er ist nicht nur Geschäftsmann, sondern in seinem Innersten auch ein Abenteurer, der sich seine Träume erfüllt. Er lebt die perfekte Work-Live-Balance.

Gibt es ein Lebensmotto, das Sie verfolgen?
Erfolg kommt aus Erfahrung und Erfahrung kommt aus Misserfolg.

Mit wem würden Sie gerne einen Tag lang tauschen?
Ich würde gerne für einen Tag die Position von Ursula von der Leyen als Präsidentin der Europäischen Kommission einnehmen. Warum? Ich möchte gerne sehen, was alles an einem Tag passiert, in welchen Sphären dort gedacht und entschieden wird und natürlich, um zu wissen, welche relevanten Themen zukünftig auf uns zukommen.

Was war Ihr bisher größter ­Erfolg?
Die Gründung einer Familie war bisher definitiv mein größter Erfolg. Und meine beiden Kinder, auf die ich wahnsinnig stolz bin. 

Was ist das Verrückteste, das Sie in Ihrem Leben getan haben?
Ich bin mit einer Cessna 152 von Kalifornien nach Florida geflogen und wieder retour. Drei Wochen lang in einem 2-Sitzer unterwegs zu sein war definitiv das Verrückteste in meinem bisherigen Leben. 

Worüber haben Sie zuletzt gelacht?
Zuletzt über diese Frage, generell habe ich immer viel zu schmunzeln.

Gibt es etwas, das Sie schon immer ausprobieren wollten, sich bisher aber nicht getraut haben?
Ich besteige sehr gerne Berge – das Matterhorn mit seinen 4.478 Metern fehlt noch. Dafür fehlt mir nicht unbedingt der Mut, sondern die Zeit und eine gewisse Vorbereitung, um die notwendige Kondition zu trainieren. Wenn es nicht das Matterhorn wird, steht auch noch die Ortler Nordwand auf meiner Liste.

Was motiviert Sie, tagtäglich aufzustehen?
Der Spaß mit meinem Team, der mich täglich in der Firma erwartet.

Wenn Sie ein Tier wären, welches wären Sie dann und warum?
Ich wäre gerne ein Adler, weil der Greifvogel so gut mit Thermik umgehen kann. Das fasziniert mich.


ZUR PERSON
Produkte entwickeln aus Leidenschaft
Vor über 20 Jahren hat Gerhard Höllinger die heute internationale Marke Höllinger gegründet. Davor war er als Produktmanager in einem Molkereikonzern tätig. Die Grundidee zu Höllinger Fruchtsäfte hatte er, als 1997 erstmals direkt gepresste und frischgekühlte Fruchtsäfte in den österreichischen Supermärkten im Kühlregal standen. Ein für Österreich typisches Produkt war nicht dabei: der Apfelsaft. Also entwickelte er den ersten naturtrüben Direkt-Apfelsaft für Österreichs Lebensmitteleinzelhandel. Was als Wohnzimmer- bzw. Garagen-Büro begann, ist heute ein österreichisches Unternehmen, das weltweit exportiert – darunter etwa in die Arabischen Emirate und die USA, nach Japan, ­Indien oder China. Höllinger selbst ist passionierter Outdoor-Sportler und begeisterter Erfinder – so sagt er selbst von sich: „Produkte zu entwickeln, ist meine Leidenschaft“.