Sehen wie nie zuvor

NEW BUSINESS Innovations - NR. 05, JUNI 2020
Für die präzisen und ruckfreien Bewegungsabläufe des RoboticScope ist ein hochgenauer Stäubli Sechsachs-Roboter vom Typ TX2-60L zuständig. © Stäubli

Ein hochpräziser Roboter, eine hochauflösende 3D-Kamera und ein innovatives Head-Mounted-Display – fertig ist das weltweit erste RoboticScope ...

... Diese Hightech-Entwicklung wird die Arbeit am OP-Tisch revolutionieren.

Erfunden haben es drei österreichische Querdenker namens Michael Santek, Markus Hütter und Gregor Burger. Gemeinsam kann das Team auf jahrelange Erfahrung im Bereich der chirurgischen Ausrüstung zurückblicken und gemeinsam gründeten sie im Jahr 2016 die BHS Technologies GmbH in Innsbruck. „Klassische Okulare und Mikroskope stoßen immer öfter an Grenzen. Die mangelnde Flexibilität wird den Ansprüchen in der heutigen Mikro­chirurgie immer weniger gerecht. Wir wollten dem Chirurgen ein Werkzeug an die Hand geben, das ihm völlig neue Per­spektiven auf das Operationsfeld ermöglicht und gleichzeitig das Operieren in ergonomischer Körperhaltung erlaubt,“ erzählt Michael Santek.

Intuitive Bedienung
Dass es BHS gelungen ist, diese Ziele vortrefflich in die Praxis umzusetzen, zeigt die Funktionsweise des RoboticScope. Dabei blickt der Operateur über ein Head-Mounted-Display, kurz HMD, direkt auf das Operationsfeld. Über zwei ins HMD integrierte, digitale Mikrodisplays direkt vor seinen Augen sieht er in Echtzeit hochauflösende 3D-Bilder, die von den beiden Kameras im Roboterkopf aufgenommen werden. Das heißt, für das sichtbare Bild ist ausschließlich die Position des Roboters zuständig, der Chirurg kann in frei wählbarer, völlig entspannter Kopfhaltung operieren. Dabei kann der Operateur aber immer Bildausschnitt und Blickwinkel exakt selbst bestimmen, indem er den Roboter über Kopfbewegungen berührungslos und automatisch steuert. Da das HMD und die Roboterkamera entkoppelt sind, muss der Chirurg diese Entkoppelung mit einem Fußschalter aufheben, um mit Kopfbewegungen den Roboter zu steuern. Auf die gleiche Art kann er den Bildwinkel der Objektive mit Achtfach-Zoom festlegen. Dazu ist eines der Mikrodisplays mit einem durchdachten Menü ausgestattet, in dem der Operateur ebenfalls mit Kopfbewegungen einfach navigieren und weitere Funktionen aktivieren und steuern kann. Was sich kompliziert und nach aufwendiger Schulung anhört, folgt in Wirklichkeit einer durchdachten Logik, die die Bedienung des RoboticScope in wenigen Minuten ermöglicht. Mittlerweile haben rund 500 Chirurgen in aller Welt das RoboticScope getestet. „Die Bedienung ist so intuitiv, dass über 90 Prozent nach gerade einmal zehn Minuten das Gerät beherrschen. Ein unglaubliches Ergebnis, das völlig unabhängig vom Alter der Testkandidaten war. Die ,digitale Generation‘ schnitt nicht besser ab als die erfahrenen Routiniers,“ so Santek.

Die Technik hinter dem RoboticScope
Für die präzisen und ruckfreien Bewegungsabläufe des RoboticScope ist ein hochgenauer Stäubli Roboter vom Typ TX2-60L zuständig. Die neue Sechsachs-Baureihe, zu der dieser Roboter zählt, verfügt über die typische geschlossene Struktur in Schutzart IP65, das Handgelenk ist gar in IP67 gehalten. So sind diese Roboter prädestiniert für Einsätze unter anspruchsvollen Reinraumanforderungen. Zudem arbeiten die Maschinen mit einer Genauigkeit von 0,02 Millimetern sehr präzise, sind dabei dank ihrer steifen Struktur extrem dynamisch und lassen sich aufgrund des kleinen Footprints einfach auf engstem Raum integrieren. Tatsächlich kommt bei BHS eine Standardmaschine in der L-Version mit langem Arm zum Einsatz. Die Reichweite beträgt 920 Millimeter und ist für den Einsatz im OP ausreichend. Der Sechsachser verfügt über die innovative CS9-Steuerung sowie über einen eigenen digitalen Sicherheitsencoder pro Achse und ein integriertes Safetyboard. Alle Sicherheitsfunktionen erfüllen die strengen Anforderungen der Kategorie SIL3-/PLe. Um ein Höchstmaß an Sicherheit zu gewährleisten, wird jede Bewegung des Roboters sensorisch überwacht. Dazu werden sämtliche Koordinaten des Roboters sowie Geschwindigkeit und Beschleunigung in Echtzeit erfasst. Stäubli setzt bei der TX2-Baureihe auf konfigurierbare, sichere I/O-Module sowie auf Echtzeit-Ethernet-Feldbussysteme, die maximale Sicherheit und Kompatibilität garantieren. Diese Funktionen ermöglichen den hochdynamischen Robotern die Interaktion mit Menschen, in diesem Fall mit Chirurgen. „Täglich kommen neue Anfragen herein und nahezu täglich wächst auch unsere Belegschaft. Da es uns gelungen ist, die Investitionskosten für unser RoboticScope auf dem Niveau konventioneller Lösungen zu halten, wir aber eine signifikant bessere Performance garantieren können, gehen wir von einem großen Erfolg unseres RoboticScope aus“, so Santek abschließend. (VM)