Optimierte Flexibilität

NEW BUSINESS Innovations - NR. 03, APRIL 2019
KI-gestützte Automatisierungssysteme können heute zumeist einfach skaliert werden. © dieindustrie.at/Mathias Kniepeiss

Modular und flexibel – zwei Stichwörter die im Zusammenhang mit Automatisierung heute immer öfter genannt werden ...

... Wenig Wunder, gilt es in Zeiten von Industrial Internet of Things und Co. doch, mit möglichst flexiblen Anwendungen auf die Marktentwicklung und den internationalen Wettbewerb zu reagieren.

Hersteller aus der Welt der Automatisierung setzen heute immer stärker auf das sogenannte „Baukastenprinzip“, bei dem Systeme sich mittels modularer Komponenten entsprechend den Anforderungen gestalten lassen. So präsentierte etwa das Robotik- und Lager­automatisierungsunternehmen GreyOrange mit dem Robotiksystem „Flexo“ ein modulares Sortiersystem, welches für moderne Warenverteil- und Logistikzentren, über die Handels-, Speditions- und Express-Lieferunternehmen ihren Warenverkehr abwickeln, entwickelt sei.
Das Sortiersystem sei laut dem Hersteller vielseitig und sorge für effiziente Transportfähigkeit und Sortierbarkeit. Dank des anpassungsfähigen Aufbaus passe die Anlage gut in die meisten Lagerhäuser, wodurch nur minimale zusätzliche Infrastrukturmaßnahmen erforderlich wären. Das leistungsstarke, rund um die Uhr einsetzbare System reduziere die Kosten pro Sendung und die Abhängigkeit von zusätzlichem Personal in Spitzenzeiten. So könne das KI-gestützte Robotersystem einfach skaliert werden, um sich ändernden Geschäftsanforderungen Rechnung zu tragen.
In Spitzenzeiten könnten große Volumina bewältigt werden, während außerhalb der Stoßzeiten die Anlage heruntergefahren werden könne, um Betriebskosten zu minimieren. Flexo-Komponenten seien so konzipiert, dass sie aufgrund ihres einfachen Designs, ihrer Modularität und Standardisierung eine schnelle Implementierung in nur 15 Tagen ermöglichen sollen, wie der Hersteller betont.

In komplexen Umgebungen agil arbeiten
„Unsere neuen Robotersysteme bieten anders als frühere, starre Systeme jene flexible Automatisierung, die moderne Lagersysteme benötigen, um in einer komplexen Umgebung agil zu arbeiten“, unterstreicht Samay Kohli, CEO und Mitbegründer von GreyOrange. „GreyMatter, unsere KI-fähige Warehouse Execution Platform, macht den großen Unterschied und erschließt ganz neue Dimensionen von Produktivität. Flexo ist kostengünstig, was Investitionen in das System erleichtert. Kapazitäten können einfach durch Hinzufügen von weiteren autonomen mobilen Robotern gesteigert werden, wenn das Unternehmen wächst.“
Angesichts beispielloser Volumenzuwächse, Volatilität der Spitzenzeiten und steigender Kundenerwartungen, dass Lieferungen am selben oder nächsten Tag erfolgen, würden Post-, Kurier- und Expressunternehmen heute vielen neuen Herausforderungen gegenüberstehen. Um wettbewerbsfähig zu bleiben, müssten Logistikzentren daher mit Technologien der neuen Generation ausgestattet werden, die den sich schnell entwickelnden Gegebenheiten der Branche gewachsen seien.
„Das modulare Sortiersystem Flexo hebt sich vor allem durch die Flotte von AMRs von anderen ab. Diese transportieren Pakete von den Eingangsstellen – dort, wo die Pakete eintreffen – zu ihrem Sortierziel, und zwar auf dem effizientesten Weg, der durch die Algorithmen der Künstlichen Intelligenz und des Maschinellen Lernens ermittelt wird“, erklärt Sid Chatterjee, Vice President Products bei GreyOrange. „Diese Roboter führen die Sortierung mit hoher Geschwindigkeit aus, ähnlich wie herkömmliche Sortiersysteme mit festem Förderband, jedoch mit den zusätzlichen Vorteilen, dass die Sortierleistung in Spitzenzeiten erhöht werden kann, die Anlage sehr viel schneller einsatzbereit ist, Aufbauänderungen leicht umgesetzt und modulare Komponenten bei Nichtgebrauch einzeln abgeschaltet werden können.“

Beschleunigtes Retourenmanagement
Auch Dematic setzt auf Modularität. Das Unternehmen hat kürzlich ein „Subsystem Retourenhandling“ eingeführt, mit dem Omni-Channel- und reine E-Commerce-Händler ihr Retourenmanagement deutlich schneller und effizienter gestalten könnten. Denn die Lösung beschleunige sämtliche Verarbeitungsschritte, beginnend mit der Inspektion, Reparatur oder Reinigung der Ware bis hin zur Wiederverpackung beziehungsweise Entsorgung und Wiedereinlagerung. Gleichzeitig minimiere es die Bearbeitungszyklen vom Wareneingang bis zum wiederverkaufsfertigen Produkt und sorge dafür, dass Artikel in der Regel innerhalb von 24 Stunden wieder versandbereit seien. Dafür bestehe das Subsystem aus mehreren Arbeitsstationen, die über ein Förderer- und Sorternetz miteinander verbunden seien.
Verwaltet werde der Materialfluss über die Dematic-„iQ“-Software. Zudem verfüge das Subsystem Retourenhandling über Schnittstellen zu weiteren Systemen zur Lagerung und Kommissionierung wie Dematic „Multishuttle“, „Auto­Store“ oder „Garment on Hanger“. Nahtlos sei auch der Übergang zum Taschensortiersystem. Da hier Hänge- und Liegeware, flach verpackte Gegenstände sowie Kartons gelagert, sortiert und zwischengepuffert werden könnten, eigne es sich insbesondere für den E-Commerce.
„Mit dem neuen Subsystem Retourenhandling bieten wir nicht nur die optimale Ergänzung zu unseren bewährten Systemen, sondern sorgen gleichzeitig für effizientere, präzisere und strukturiertere Prozesse innerhalb der Rücknahmelogistik“, betont Mike Khodl, seines Zeichens Vizepräsident des Solution Managements von Dematic. Die Lösung bestehe aus funktionalen Arbeitsstationen für die Bereiche Kundengutschrift, Warenaustausch, Inspektion, Reparatur und Verpackung sowie Übergabe an Puffer- oder Langzeitlager. An jeder dieser Einheiten würden vorab definierte Workflows ausgeführt. Nach dem Eintreffen der retournierten Ware werde diese zunächst in Containern über Förderbänder an den entsprechenden Arbeitsplatz transportiert. Dort werde von den Mitarbeitern dann der einzelne Arbeitsschritt durchgeführt. „Auf diese Weise optimiert das Subsystem Retourenhandling die Produktivität und steigert zudem den Umsatz, da die Artikel schneller wieder online gehen, in der Regel innerhalb von 24 Stunden“, erklärt Khodl. „Auch die Kundenzufriedenheit wird deutlich erhöht, da eine Gutschrift oder Rückerstattung direkt nach dem Eintreffen der Ware erfolgt.“ Zwischen 13.500 und 200.000 Artikeln könnten über das Subsystem Retourenhandling täglich verarbeitet werden, verspricht der Hersteller.

In bestehende Systeme integrieren
Die Lösung könne zudem problemlos in bestehende Systeme integriert werden: Zum Beispiel könnten retournierte Artikel über einen Gurtförderer automatisch in das Taschensortiersystem überführt werden. Rückläufer könnten aber auch über Rollenförderer an Multishuttle, AutoStore oder Automatische Kleinteillager (AKL) übergeben werden. Dazu könne ein Auto­Bagger die automatische Verpackung der Waren übernehmen. Für reine Hängewaren sei die Arbeitsstation so konzipiert, dass die Kleidungsstücke auf Rollenständer gehängt und beispielsweise an das automatische Hängewarenlager Garment on Hanger (GOH) übergeben würden. Für die Steuerung und Optimierung des Materialflusses sei dabei die „iQ Warehouse Execution Software“ (WES) zuständig. Das Lagerverwaltungssystem kommuniziere über eine Host-Schnittstelle mit einem WMS oder ERP und verwalte die Workflows für das Subsystem Retourenhandling.
Weitere Vorteile böten zudem der modulare Aufbau des Subsystems und seine beliebige Skalierbarkeit. Diese würden es dem Anwender ermöglichen, das Layout neu zu konfigurieren und Softwareparameter zu ändern, um die Arbeitsabläufe zu überarbeiten. Darüber hinaus könne die Verarbeitungskapazität erweitert werden. „So maximiert das Subsystem Retourenhandling die operative Flexibilität und wirkt gleichzeitig täglichen wie auch saisonalen Schwankungen effektiv entgegen. Außerdem reduziert es die Betriebskosten, die beim Retourenmanagement anfallen“, erklärt Khodl.

Am Weg zur siebten Achse
Auch der Lineartechnikspezialist Rollon setzt auf modulare Bauweisen. So will das Unternehmen im Rahmen der „Hannover Messe“ anhand einer exemplarischen Anwendung mit einem Stäubli-Roboter die Einsatzmöglichkeiten der „Actuator System Line“ und des Shuttle-Systems „Seventh Axis“ zeigen. Beim Konzept der siebten Achse fahre der komplette Roboter auf einer Linearachse und könne so Aufgaben an mehreren Orten übernehmen. Das erweitere seinen Aktionsradius enorm. Das modular aufgebaute Shuttlesystem ermögliche dabei lange Strecken und hohe Dynamiken. Es sei in sieben verschiedenen Größen erhältlich, lasse sich einfach integrieren und könne alle Arten von Robotern bis zu einem Gesamtgewicht von 2.000 kg bewegen, wie der Hersteller betont. Mit der siebten Achse könnten Anwender ihre Automatisierungsprozesse noch effizienter und flexibler gestalten.
Speziell für die populären Leichtbauroboter von Universal Robots habe Rollon Linearachsen im Programm, die perfekt auf die Zusammenarbeit mit den flexiblen Roboterarmen vorbereitet seien. Das Antriebspaket „Dahl Linear Move“ bestehe aus einer Rollon-Linearachse, einem B&R-Servoverstärker sowie Software zur einfachen UR-Integration und sei innerhalb kürzester Zeit betriebsbereit. Einrichtung und Bedienung würden über das intuitive UR-Interface erfolgen. Auch Änderungen am Produktionslayout könnten so jederzeit unkompliziert vorgenommen werden.
Teileserien von OEM-Lieferanten müssten wiederum meist Just-in-Sequence beim Kunden für den Montageprozess bereitgestellt werden. Für diese Aufgabe hätten sich maßgeschneiderte wiederverwendbare Ladungsträger für die manuelle oder automatische Entnahme bewährt. Die robusten Teleskopführungen der Produktserien „Hegra Rail“ und „Light Rail“ sollen die Basis für stabile und langlebige Auszüge an den Ladungsträgern bilden. Die laufruhigen Auszüge sollen sich dabei durch eine hohe Präzision, große Belastbarkeit, extreme Tragfähigkeit sowie ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis auszeichnen. Zudem ermögliche die kompakte Bauweise ein platzsparendes Design des Ladungsträgers.

Modulare Paletten-Plattform
Interroll führt indes nach dem Vorbild seiner „Modular Conveyor Platform“ (MCP) nun auch eine modular aufgebaute Plattform zur angetriebenen Förderung von Paletten ein. Das „Modular Pallet Conveyor Platform“ (MPP) benannte Baukastensystem nutze dabei unter anderem technische Produkte, die sich bei Anwendern bereits hunderttausendfach bewährt hätten. Die Fördererplattform sei daher eine ideale Ergänzung des Interroll-Fließlagersystems „Pallet & Carton Flow“. Die zuverlässige und effiziente Handhabung von Paletten spiele im modernen Materialfluss eine immer wichtigere Rolle. Dabei gehe es in vielen Fällen vor allem darum, die Transportzeiten zwischen Wareneingang und Warenausgang oder zwischen Lager, Produktion und Kommissionierungsbereichen in den Unternehmen möglichst kurz zu halten und durch Automatisierung hocheffizient zu gestalten – und zwar bei gleichzeitig schlanken Planungsprozessen, geringem Montageaufwand und flexiblen Gestaltungsmöglichkeiten.
Bei der MPP handle es sich um besonders vielseitige Palettenförderer, die sich durch einen hoch flexiblen, modularen Aufbau auszeichnen sollen. Im Zusammenspiel mit dem hauseigenen Fließlagersystem stellt die Palettenförderplattform die ideale Basis dar, um für Anwendungen aller Art umfassende Paletten-Lager- und Paletten-Förderlösungen aufzubauen. Im Unterschied zum Fließlagersystem, bei dem Paletten auf geneigten Bahnen unter Ausnutzung der Schwerkraft in Zwischenlagern gepuffert werden, handle es sich bei der MPP um ein System zur angetriebenen Förderung von Paletten. Der Antrieb erfolge dabei je nach Einsatzszenario über Getriebe- oder Trommelmotoren, wobei sich sogar staudrucklose Förderstrecken realisieren lassen.

Flexibel planbar
Das voll modulare System könne sehr einfach und komfortabel über das Layouter-Tool von Interroll geplant und zusammengestellt werden. Die MPP umfasse Ketten- oder Rollenförderer sowie zusätzliche Module wie Transfers und Drehtische. Auf Anfrage seien sogar Sondermodule für spezielle Funktionen verfügbar. Die optimal aufeinander abgestimmten Module würden jeweils komplett vormontiert geliefert, so dass sich der Aufwand bei der Installation minimiere. Zudem könnten auch zu einem späteren Zeitpunkt Umbauten oder Erweiterungen der Anlage besonders einfach und kosteneffizient durchgeführt werden.
Je nach Auslegung der Förderstrecke und Wahl der Module könnten Paletten von bis zu 1.200 Kilogramm Gewicht mit einer maximalen Geschwindigkeit von 0,5 Meter pro Sekunde transportiert werden. Der Temperaturbereich, in dem eine reibungslose Funktion der Elemente gewährleistet werden könne, liege bei –28 bis +40 Grad Celsius, so dass die MPP auch im Tiefkühlbereich eingesetzt werden könne. Je nach eingesetzter Steuerung sei es möglich, die Anlage zum Beispiel für unterschiedliche Gewichte auszulegen, mit variabler Geschwindigkeit laufen zu lassen oder Positionierungsfunktionen zu integrieren.
Auf Wunsch könnten zudem Palettenkontrollstationen auf der Förderstrecke installiert werden. So könnten Abmessungen, Gewicht und Unversehrtheit beziehungsweise Tauglichkeit der Paletten für die Förderstrecke geprüft werden. Optional könnten auch weitere Prüfungen vorgenommen werden, etwa damit gewährleistet sei, dass nur vollständige Paletten mit intakten Gütern die Förderstrecken durchlaufen. (TM)
www.dematic.com
www.rollon.de
www.interroll.com
www.GreyOrange.com