Der Connected Worker

NEW BUSINESS Guides - INDUSTRIE GUIDE 2020/2021
Aus dem Connected-Worker-Konzept von Nagarro Österreich lassen sich situationsabhängig und flexibel individuelle Anwendungen ableiten. © Nagarro

Sprachgesteuerte Fahrzeuginspektion, sicheres Arbeiten in schwindel­erregender Höhe, Drohnen im Wartungsflug und bald auch Indoor-­Navigation ...

... Nagarros Connected Worker ist die Antwort auf viele ­Herausforderungen, denen sich Unternehmen heute zu stellen haben.

Vor rund vier Jahren als Innovationsidee von Nagarro in Österreich modelliert, schreibt das Connected-Worker-Konzept zunehmend Erfolgsgeschichte. Nach Kundenprojekten u. a. für A1, ÖBB Postbus sowie Entwicklungspartnerschaften mit Google Glass, Vuzix, RealWear und Microsoft wurde Nagarros Connected-Worker-Lösung jüngst bei Energie Burgenland umgesetzt. Mittlerweile kommen Projektanfragen aus ganz Europa: Transport- und Logistikunternehmen aus Deutschland und Belgien fragen die Assisted-Reality-Lösung für die Fahrzeuginspektion nach. Für produzierende Unternehmen wurde aufgrund der geltenden Reisebeschränkungen in kürzester Zeit Fernwartung mithilfe von HoloLens 2 implementiert. Zudem wird für einen Kunden aus dem öffentlichen Bereich der Einsatz von Smart Glass für die Indoor-Navigation erforscht und entwickelt. „Wir merken, dass der Bedarf an vernetzten Arbeitslösungen extrem zunimmt. In der aktuellen Lage ist vielerorts die Skepsis gewichen und der Wunsch nach produktivem Weiterarbeiten in den Vordergrund gerückt. Außerdem nehmen die Unternehmen in ihrer Branche wahr, welche Projekte bei den Mitbewerbern schon laufen“, meint Thomas Riedl, Geschäftsführer bei Nagarro Österreich.
An neuen Einsatzmöglichkeiten für den Connected Worker wird bereits gearbeitet. Eine Weiterentwicklung ist die Nutzung der ins System gespeisten Daten für Risikobewer­tungen im Versicherungskontext. „Wer einmal von manuellen Checklisten auf digitale Erfassung umgestellt hat, schafft damit die Grundlage für zahlreiche Analyse- und Berechnungsmöglichkeiten“, so Thomas Riedl. Aber nicht nur Planbarkeit und Wirtschaftlichkeit, auch die Menschen profitieren in ihrem ganz persönlichen Arbeits- und Lebensumfeld von den neuen Technologien. „Die ersten Connected-Worker-Lösungen ermöglichten es Technikern im Feld und in großer Höhe, sicherer zu arbeiten, indem sie die Hände frei haben. Zurzeit erforschen und testen wir, wie man mit Smart Glass Menschen bei der Navigation in öffentlichen Räumen unterstützen kann“, kündigt der Nagarro-Geschäftsführer an.

Vorteile jetzt klarer im Vordergrund
Wie anderen Technologien, allen voran natürlich Web-Conferencing- und Remote-Work-Lösungen, hat die aktuelle Situation auch dem Connected-Worker-Konzept Auftrieb verliehen. Einsatzbereit waren sie schon vorher, aber die Skepsis ist vielenorts gewichen, da die Vorteile jetzt noch klarer in den Vordergrund getreten sind. Riedl: „Wie so oft relativieren sich bei akutem Bedarf die Bedenken – erinnern wir uns an die Diskussionen rund um die Cloud. Die Lage ist jetzt überall dort brisant, wo Experten nicht vor Ort sein können, wo die Bedingungen und Auflagen das physische Zusammenarbeiten einschränken.“ Die Idee sei von Anfang an gewesen, Sicherheit zu erhöhen, Fehler zu reduzieren und Menschen in ihrem Arbeitsumfeld, auch ohne persönliche Anwesenheit, zu verbinden. Der Nagarro-Geschäftsführer weiter: „Das Szenario, das sich jetzt zugespitzt hat, war schon vorher real bzw. absehbar. Wir haben mit Industrieunternehmen gesprochen, die an entlegenen Standorten unter mühsamen Bedingungen ihre Geräte warten müssen. Oder mit Flugzeugtechnikern, die am Arbeitsplatz eine Unzahl an Fachinformationen schnell zur Hand brauchen. Genau genommen hebelt die gesamte Onlinewelt schon lange die Notwendigkeit aus, persönlich vor Ort sein zu müssen. Der Gedanke, dass es anders auch möglich ist, hat jetzt unter unfreiwilligen Bedingungen Fahrt aufgenommen, war aber aus Innovationssicht vorher schon da. Dank der einsatzbereiten Technologie­konzepte können Aufgaben in den Bereichen Reparatur und Wartung, Inspektion und Qualität, Montage, Logistik und Schulung jetzt relativ schnell darauf umgestellt werden.“

Praxis bei der Energie Burgenland AG
Wie so eine Lösung in der Praxis aussehen und welche Vorteile man sich als Unternehmen damit zu eigen machen kann, zeigt sehr anschaulich das Nagarro-Projekt für die Energie Burgenland AG (EB), ein österreichisches Energiedienstleistungsunternehmen für die Erzeugung, Verteilung und den Verkauf von Strom und Erdgas, Wärmeversorgung und integrierten Energielösungen. Mit einer Leistungsfähigkeit von 522 Megawatt, verteilt auf 15 Windparks, betreibt EB die größte Windkraftanlage in Österreich, generiert jährlich eine Terawattstunde und reduziert damit gleichzeitig die CO₂-Emissionen um 690.000 Tonnen pro Jahr.
Energie Burgenland betreibt in seinen Windparks insgesamt über 200 Windräder von unterschiedlichen Herstellern. Die Windturbinen müssen jährlich zweimal inspiziert werden. Zudem sind Inspektionen bei Zwischenfällen wie Sturm, Hurrikan oder bei Betriebsproblemen erforderlich. Das aus zwei Mitarbeitern bestehende Inspektionsteam führt eine ­manuelle Inspektion der Turbine durch, wobei es einer Checkliste auf Papier mit über 150 Checkpoints folgt. Jedes Herstellermodell folgt einer eigenen Checkliste. Im Laufe der Inspektion werden Notizen gemacht und im Falle einer Fehlfunktion Fotos erstellt. Die Ergebnisse der Inspektion werden danach am Computer digitalisiert, und ein Bericht wird an die relevanten Hersteller geschickt. Das klingt nicht nur mühsam, sondern ist es auch. Der manuelle Inspektionsprozess stellte die In­spektoren in ihrer täglichen Arbeit vor mehrere Herausforderungen. So ist die Zusammenarbeit zwischen Sachbearbeiter und Inspektor auf ­diese Art und Weise ineffizient, schon allein durch den zusätzlichen Aufwand, den das Digitalisieren des Prüfberichts auf Grundlage der papierbasierten Inspektion von Windkraftanlagen verursacht. Dazu kommen außerdem die Einschränkungen bei der Aufnahme von Bildern aus dem richtigen Winkel, für Objekte außerhalb der Sichtlinie oder Beeinträchtigungen aufgrund des Sonnenstands sowie die manuelle Zusammenführung von Notizen mit passendem Bildmaterial – geht es doch immerhin um über 150 Bilder täglich.
Nagarro entwickelte daher in Zusammenarbeit mit dem Kunden eine auf Smart Glass und mobiler Anwendung basierte Lösung für die Windradinspektion, die den Herausforderungen des Inspektionsteams Rechnung trägt. Die Lösung ermöglicht den Inspektoren, den ­Auftrag tagesaktuell auszuwählen und die Inspek­tion gemeinsam auch im Offline-Modus durchzuführen. Die Inspektion kann im Team entsprechend aufgeteilt werden, und Defekte werden mithilfe von Audionotizen und Fotos der Mängel dokumentiert. Diese Lösung ermöglicht die Synchronisation der Ergebnisse von den unterschiedlichen Endgeräten, sobald die Inspektoren online sind, und die Ergebnisse werden in einem elektronischen Abschluss­bericht zusammengeführt.
Diese Herangehensweise erlaubt unter anderem vollständig automatisierte Prüfberichte. Die Sachbearbeiter arbeiten mit einer webbasierten Anwendung, und die Inspektoren verwenden Smartphones und Smart Glass für die Windrad-inspektion. Unterstützt werden die Inspektoren auch durch Schritt-für-Schritt-Anleitungen über Smart Glass und eine mobile App. Durch den Einsatz von Smart Glass haben sie bei ihrer Arbeit die Hände frei, was zusätzlich die Sicherheit des Prüfteams erhöht und damit auch zu erhöhter Akzeptanz bei den Mitarbeitern führt.
Die aufgenommenen Audio-Notes werden über eine Speech-to-Text-Umwandlung (mit 98 Prozent Genauigkeit) automatisiert zur Prüfbericht­erstellung herangezogen. Dabei stellt eine Rauschunterdrückung sicher, dass die Mikrofone auch bei hohen Windgeschwindigkeiten in schwindelerregender Höhe eine gute Aufnahmequalität bieten. Die Lösung ist zudem skalierbar und lässt die automatisierte Inspektion durch unbemannte Luftfahrzeuge (UAV) in Verbindung mit computerunterstützter Identifikation von Mängeln zu. Das erhöht die Sicherheit der Mitarbeiter noch einmal deutlich.
Die Ergebnisse sprechen für sich: ein um bis zu 30 Prozent schnellerer Inspektionsprozess für jede Windkraftanlage bei gleichzeitig deutlicher ­Reduktion der Fehlerraten durch Quality-Gates. Den Mitarbeitern kommen wiederum die einfache und schnelle Erstellung des Prüfberichts sowie die effiziente Zusammenarbeit in verteilten Teams, im Speziellen beim Abnahmeverfahren, besonders zugute. Der Kunde von Nagarro ist jedenfalls sehr zufrieden mit seinen Connected Workers. „Der Betrieb dieser hohen Anzahl an Windrädern ist ein riesiges Unter­fangen und sehr zeitaufwendig. Deshalb haben wir nach einer Lösung gesucht, die die Inspektion vereinfacht und beschleunigt, aber auch die Sicherheit unserer Mitarbeiter erhöht. Wir sind sehr froh, dass die implementierte Lösung nicht nur eine erhebliche Verbesserung darstellt, ­sondern auch eine hohe Akzeptanz bei unseren Mitarbeitern findet“, resümiert Michael Haider, Leiter Betriebsführung bei der Energie Burgenland Windkraft AG. (RNF)

INFO-BOX
Über Nagarro
Die Unternehmensschwerpunkte von ­Nagarro liegen auf den Bereichen agile Softwareentwicklung und Software-Testing, Cloud-Technologien und auf Transformationsprojekten für Industrie-4.0-Lösungen. In Österreich sind die Competence-Center für Cloud-Lösungen sowie für Software-Quality und Test-Engineering beheimatet, die weltweit beratend und konzeptionell agieren. Nagarro betreut Unternehmen weltweit. Im zentraleuropäischen Raum zählen zu den Nagarro-Kunden u. a. Andritz, GE Aviation, KTM, Lufthansa sowie lokale Marktführer wie A1 Telekom, Österreichische Post, Österreichische Bundesbahnen oder Verbund.
www.nagarro.com