Alles neu macht der Mai

NEW BUSINESS Guides - AUTOMATION GUIDE 2022
Heuer feierte die Intertool in Wels mit einem inhaltlich überarbeiteten Konzept Premiere. © FRBMedia/DanielFabbro

Runderneuert präsentierte sich die Messe Intertool diesen Mai am neuen Standort in Wels, nachdem sie zwangsweise einmal aussetzen musste ...

... Veranstalter RX Austria & Germany wertete sie als „vollen Erfolg“. Von manchen Ausstellern gab es aber auch kritische Töne zu hören.

Neue Location, ein erweitertes Konzept und mehr Content. Die „neue“ Intertool, nunmehr in Wels beheimatet und entkoppelt von der Smart Automation Austria, feierte vom 10. bis 13. Mai dieses Jahres ihre Premiere. 250 Aussteller und 10.405 Besucher waren den finalen Zählungen zufolge mit an Bord. Veranstalter RX Austria & Germany mietete sich dafür beim Gastgeber Messe Wels in den Hallen 20 und 21 ein.

Neue inhaltliche Ergänzungen Als „Wette“ des Veranstalters
Auch inhaltlich gab es große Neuerungen: Ausgehend von ihrem Kern als B2B-Fach­messe für Werkzeugmaschinen und Präzisionswerkzeuge, wurde sie um Einrichtungen, Verfahren und Systeme entlang der gesamten Prozesskette der industriellen Fertigung erweitert. Ein Ansatz, der sich vor allem in drei neuen Schwerpunkten widerspiegelte: additive Fertigung, Automatisierungstechnik und Digitalisierung. Halle 20 war für Werkzeugmaschinen, additive Fertigung, Robotik, Handhabungstechnik, Komponenten & Bauteile sowie Kunststofftechnik reserviert, in Halle 21 versammelten sich Unternehmen aus den Bereichen Automatisierungstechnik, Digitalisierung, F&E, Messtechnik, Qualitätssicherung und Präzisionswerkzeuge. 

Zum ersten Mal bot die Intertool in diesem Jahr zudem zwei Content-Bühnen Platz, auf denen – „mitten im Geschehen“ – laufend Vorträge stattfanden, die sowohl konkrete Beispiele aus der industriellen Praxis als auch wissenschaftliche Themen behandelten.

„Mit dem neuen Standort und der erweiterten Ausrichtung der Intertool sind wir durchaus ein Risiko eingegangen – eine Wette, wenn man so will“, sagt Barbara Leithner, COO von RX Austria & Germany. „Dass die Intertool nun ein solcher Erfolg ist, bestätigt uns in unserer grundlegenden Einstellung: Wir müssen uns kontinuierlich weiterentwickeln und mutige Schritte unternehmen, dann werden auch unsere Kunden den Weg gemeinsam mit uns gestalten und gehen.“

Ihre Kollegin Christine Kosar, Head of Operations, ergänzt: „Unsere Partner bestätigen uns, dass der Schritt in die bedeutendste Industrieregion Österreichs richtig war. Wir konnten zahlreiche neue Aussteller begrüßen, und auch bei den Besuchern zeigt sich die Ausstrahlung der Location nach Westösterreich.“

Dass der Entschluss, mit der Intertool nach Wels zu gehen, nicht unumstritten war, sprach Barbara Leithner bei der Eröffnung der Intertool offen an: „Natürlich gab es Diskussionen, sowohl mit den Ausstellern als auch intern. Doch wir waren davon überzeugt, dass sich dieser Schritt als richtig erweisen wird. Die tollen Verkaufsabschlüsse, von denen uns viele unserer Aussteller berichtet haben, untermauern dies.“

Positive Stimmung bei Besuchern und Ausstellern
Viele Aussteller teilten die positive Einschätzung des Veranstalters, wie NEW BUSINESS im Dialog vor Ort und beim Einholen von Statements im Nachgang erfuhr. Bernhard Kraus, bei SCHUNK als Verkaufsleiter Spanntechnik für den österreichischen Markt verantwortlich, ist zum Beispiel voll des Lobes: „SCHUNK ist mit der Intertool 2022 in Wels sehr zufrieden. Wir konnten viele Bestands- und Neukunden an unserem Stand begrüßen, Neuheiten präsentieren und konkrete Projekte besprechen. Die Qualität der Gespräche war sehr hoch, Fokusthemen waren automatisierte Maschinenbeladung sowie produktivere Rüstkonzepte – auch aufgrund des Facharbeitermangels. In vielen persönlichen Kundenbesuchen werden die auf der Messe gestarteten Projekte in den nächsten Wochen weiter ausgearbeitet.“

Kraus berichtet vom positiven Eindruck der Besucher: „Fast alle haben sich in vielen Gesprächen positiv über den neuen Standort geäußert. Dieses Feedback – in Verbindung mit der an sich erfolgreichen Messe – müssen wir ernst nehmen: Daher bin ich dafür, dass die Intertool auch zukünftig in Wels stattfindet.“

Auch Maria Kronthaler, Prokuristin der Helmer Werkzeugmaschinen Mara ­Werkzeugproduktion GmbH, die von Anfang an zu den treuesten Ausstellern dieser Messe gehört, streut Rosen: „Die erste Intertool in Wels war für uns sicher ein Erfolg. Die Stimmung war ausgesprochen gut, man hat gespürt, dass nach den langen Einschränkungen durch die Pandemie sowohl Besucher als auch Aussteller dieses persönliche Zusammentreffen sehr genossen haben.“

Wels sei zwar auf den ersten Blick „vielleicht nicht die attraktivste Messestadt“, hätte aber hinsichtlich des Stadtbilds und der Gastronomie „sicher ihre Reize“. Positiv streicht Kronthaler die gute Anbindung durch die Bahn und die ausreichend vorhandenen kostenlosen Parkmöglichkeiten hervor. Sie zieht auch Vergleiche zum Wiener Standort: „Die Hallen sind vielleicht nicht so gut für große Maschinen geeignet wie in Wien und aufgrund der geringen Höhe – speziell in der Halle 20 – auch ziemlich heiß, aber wir haben seitens der Organisatoren bestmögliche Unterstützung erhalten.“ 

Erstmals hat das Unternehmen in Wels auch seine „Tool-School“ präsentiert, einen Truck mit Langdrehautomaten zu Schulungszwecken. Darauf ist Geschäftsführer Peter Watzak-­Helmer in einer offenen Tür abgebildet, was unerwartete „Nebenwirkungen“ hervorrief, wie Kronthaler mit einem Schmunzeln erzählt: „Die einladende Geste unseres lebensgroß dargestellten Chefs wirkte so realistisch, dass die Mitarbeiter:innen der Security in der Halle bei ihren nächtlichen Rundgängen immer wieder glaubten, einem echten Menschen gegenüberzustehen.“ 

Eine „sehr gute Premiere mit alleinigem Branding“ bescheinigt Walter Eichner, Business Development Manager bei Beckhoff Automa­tion Österreich, der Intertool 2022: „Unsere Erwartungen sind eingetreten, am Mittwoch und Donnerstag hätten wir mehr Standpersonal benötigt – auch wir konnten bei der Premiere Erfahrungen sammeln.“

Der neue Standort kommt bei ihm ebenfalls sehr gut weg. „Die Infrastruktur und die Rahmenbedingungen sind in Wels besser als der ohnedies gute Ruf. Auch die Hotels im Stadtzentrum sind nur 800 Meter und somit wenige Gehminuten entfernt“, so Eichner, der ergänzt: „Wels bietet auch sehr viele Restaurants und besuchenswerte Highlights – wenn man sich damit befasst, wird man fündig und reichlich belohnt.“ Beckhoff Automation werde auch 2024 wieder mit von der Partie sein. „Wir wünschen der Intertool alles Gute, weiterhin viel Erfolg und noch mehr Aussteller aus dem Bereich Automatisierung.“

In diesen Reigen stimmt auch Matthias Mayer, Geschäftsführer der TAT-Technom-Antriebstechnik GmbH, ein: „Wir sind mit der Intertool sehr zufrieden und haben die Entscheidung, an der Messe teilzunehmen, nicht bereut. Bedenken, ob die Intertool das richtige Pflaster für uns ist, gab es anfänglich schon, diese wurden aber rasch ausgeräumt. Wir konnten viele neue Kontakte knüpfen und uns in der Branche als Automatisierungspartner präsentieren.“ Dementsprechend steht die Teilnahme beim nächsten Mal bereits fest, so Mayer: „Die Intertool in Wels wird ergänzend zur Smart Automation Austria unser zweiter Fixtermin im Messekalender.“

Das hat auch damit zu tun, dass Wels für TAT durchaus deutliche Standortvorteile hat, wie der Geschäftsführer erklärt: „Die Intertool befindet sich nun in Oberösterreich – im Zentrum der österreichischen Industrielandschaft – und ganz in Reichweite unseres Firmensitzes. Weiters haben wir als Aussteller von der professionellen und umfangreichen Infrastruktur der Messe Wels profitiert. Es hat einfach alles reibungslos funktioniert.“

Überrascht haben Mayer „die hervorragenden Fachvorträge auf den zwei Bühnen mitten im Messegeschehen und die lockere – fast schon familiäre – Atmosphäre“ sowie die gute Stimmung der Besucher. „Für mich war die Intertool aber auch eine ‚Netzwerkmesse‘. Denn gerade die vielen intensiven Gespräche mit Branchenkollegen empfand ich als sehr positiv. Ich freue mich jetzt schon auf die neuen Partnerschaften.“ Mayer räumt aber ein: „Als verbesserungswürdig sehen wir die Öffnungszeiten: Wenn die Messe täglich eine Stunde früher schließen würde, hätte das sicherlich eine motivierende Wirkung auf das Standpersonal, da der Kundenstrom ab 15 Uhr jeden Tag stark abgefallen ist.“

Diesen Punkt bringt auch Martin Schober, Managing Director der Mahr Austria GmbH, aufs Tapet: „Leider waren wir mit der Positionierung und Abänderung unseres reservierten Standes nicht glücklich sowie mit den für uns zu langen Messezeiten! Dafür waren wir mit der Organisation, den Parkplätzen und den Hallen an und für sich grundsätzlich zufrieden.“ Das trübte zwar die Freude, das Ergebnis der Messe stellte aber zufrieden, „das vorab mit über hundert Kundenkontakten an den vier Tagen als ‚den Erwartungen entsprechend‘ bewertet werden kann“. So steht am Ende auch seinerseits einer Beteiligung an der Intertool 2024 „grundsätzlich derzeit nichts im Wege“.

„Ich bzw. wir sind sehr zufrieden mit der Intertool in Wels. Die Location ist ganz einfach besser, da unsere Zielgruppe in dieser Region wesentlich besser vertreten ist, als das in Wien der Fall war. Die Besucheranzahl könnte besser sein, die Qualität der Besucher bzw. Gespräche war jedoch wirklich gut. Wir konnten einige neue Kontakte kreieren bzw. auch neue Opportunities mit nach Hause nehmen, was letztendlich ja das Wichtigste auf einer Messe ist“, resümiert Thomas Szirtes, Geschäftsführer der Hexagon Metrology GmbH.

Er hat aber auch konstruktive Kritik: „Die Hallentemperatur war ein Desaster. Da die nächste Intertool im Juni stattfinden soll, wird das vermutlich eher schlechter als besser, sofern an der Klimaanlage nichts verändert wird. Das tägliche Messe­ende sollte bereits um 17:00 anstatt 18:00 Uhr sein. Von der Logistik her ist auch noch Luft nach oben. Die Leergutabholung bzw. Leergutanlieferung war schlichtweg eine Kata­strophe.“ Trotzdem steht einer neuerlichen Teilnahme nichts im Wege – „vermutlich mit größerem Stand“, so Szirtes.

Wo Licht ist, ist auch Schatten
Dennoch: Gerade für die Automatisierer war nicht alles eitel Wonne. Die wesentlichen ­Kritikpunkte in dieser Hinsicht fasst Andreas Hrzina, Leiter Marketing und Produktmanagement sowie Prokurist von Rittal Österreich, zusammen: „In Abstimmung mit RX war geplant, im Rahmen der Intertool Wels einen eigenen Automatisierungsbereich aus den ‚alten‘ Smart-Wien-Ausstellern zu formieren. Dies ist in zweierlei Hinsicht nicht gelungen: Erstens waren zu wenige Aussteller in diesem Bereich vertreten. Vor allem hätten wir den einen oder anderen großen noch als Zugpferd benötigt. Schlussendlich waren nur circa drei Aussteller als Automatisierer von der Smart-Messe mit an Board: Beckhoff, SEW und Rittal. Das sind eindeutig zu wenige, um ‚außerhalb‘ der klassischen Intertool-Besucher weitere an der Automatisierung interessierte Besucher zu gewinnen. Zweitens interessieren sich die klassischen Intertool-Besucher wenig für Automatisierung.“

Davon ungeachtet beobachtete Hrzina viel Positives bei der Veranstaltung: „Für die Intertool-Aussteller war die Messe ein voller Erfolg. Gratulation! Es war erfreulich zu beobachten, welchen starken Drive der Maschinenmarkt trotz widriger Umstände noch hat!“ Und weiter: „Die Besucher auf unserem Messestand waren hinsichtlich der wirtschaftlichen Aussichten bis Ende des Jahres fasst durchgehend sehr positiv gestimmt. Die Auftragsbücher scheinen noch gut gefüllt zu sein.“ Während das Business-Klima also kaum bis keinen Grund zur Klage gab, stimmt er Maria Kronthaler und Thomas ­Szirtes hinsichtlich des „echten“ Klimas zu: „Speziell in Halle 20 war es viel zu heiß. Da muss klimatechnisch nachgebessert werden.“

Ist Rittal also auch 2024 wieder in Wels dabei? „Diese Entscheidung können wir heute noch nicht treffen. Es geht im Jahr 2024 für uns dann darum, die Ausstellersituation im Bereich Automatisierung nochmals zu sondieren. Je mehr dabei sind, vor allem auch von den größeren Unternehmen, desto höher ist die Chance, dass Rittal wieder mit dabei ist“, so der Rittal-Prokurist offen.

Horst Hickl, Geschäftsführer der WANZEL Handels- und Projektmanagement GmbH, beantwortet die Frage, ob seine Erwartungen an die Messe erfüllt wurden, knapp, präzise und auf den Punkt. Er spricht sicher einigen Ausstellern aus dem Herzen, wenn er sagt: „Euphorisch sollte man damit nicht sein. Aber man sah sich wieder einmal.“ Struktur und Abläufe bewertet er jedoch als gut, und auch das Publikum habe gepasst. Voraussichtlich werde Wanzel auch 2024 an der Intertool teilnehmen.

Es gab aber auch Aussteller, hauptsächlich aus den „neuen“ Bereichen der Intertool, die richtiggehend enttäuscht von der Premiere in Wels waren. Manche hielten sich an die Regel „Wenn du nichts Gutes über etwas sagen kannst, sag’ lieber gar nichts“, und enthielten sich NEW BUSINESS gegenüber eines offiziellen Kommentars.

Von anderen war zumindest hinter vorgehaltener Hand etwa zu hören, dass man sich eher als Lückenfüller denn strategischer Aussteller verstanden habe und es noch einiges an Kraftanstrengung brauche, um die weiteren Bereiche der Messe zu etablieren. Auch waren am Ende nicht alle mit dem „Umzug“ von Wien nach Wels einverstanden. Aber das sind – vielleicht bis auf den neuen Standort – Dinge, an denen der Veranstalter arbeiten kann und sicher auch wird.

Unterdessen haben einige engagierte Unternehmen der Automatisierungsbranche das durch den Wegfall der Wiener Intertool (und Smart Automation) aufgerissene Loch im ostöster­reichischen Veranstaltungskalender bereits wieder gefüllt und eigens ein „Automation Forum“ aus der Taufe gehoben, das Ende Juni im Süden von Wien stattfinden wird. Aufmerk­same Leser ha­ben den entsprechenden Bericht auf den vo­ran­gegangenen Seiten sicher schon bemerkt.

Schlussendlich kann man also ein – wenn auch nicht durchwegs – positives Resümee der Intertool 2022 ziehen. Um die verbliebenen Kritikpunkte anzugehen sind ja noch zwei Jahre Zeit, bis die nächste Intertool am 4. Juni 2024 in Wels wieder ihre Pforten öffnet. (RNF)