Verbraucher sollen gestiegene Heizkosten besser stemmen können. © APA - Austria Presse Agentur

Die Haushalte in Deutschland sollen mit der Gaspreisbremse doch schon ab Jänner entlastet werden. Zwar soll die Deckelung des Gas-und Fernwärmepreises erstmals ab März umgesetzt werden, dann würden aber die Monate Februar und Jänner rückwirkend mit angerechnet, heißt es in den Gesetzentwürfen zur Strom- und Gaspreisbremse, die am Dienstag vorlagen.

Wie geplant, sollen 80 Prozent des Vorjahresverbrauchs auf zwölf Cent pro Kilowattstunde für Haushalte und Gewerbe begrenzt werden. Beim Strom soll der Deckel bei 40 Cent liegen. Ähnliches ist für die Großindustrie festgelegt. Im Gesetzentwurf ist nun verankert, dass die Unternehmen trotz dieser staatlichen Hilfe Dividenden und Boni auszahlen dürfen. Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) lobte, das Vorhaben sei wichtig, um die Existenz von weiten Bereichen der Industrie zu sichern.

Im Zuge des russischen Angriffs auf die Ukraine waren Gas- und in der Folge die Strompreise rasant gestiegen. Für Haushalte wurde deshalb bereits für Dezember ein einmaliger Abschlag auf den Gaspreis in Höhe von rund einem Zwölftel der Jahresrechnung beschlossen. Kritik entzündete sich daran, dass die nächste Entlastungsstufe zunächst erst ab März greifen sollte. Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) begründete die Änderung dann auch so: "Das liegt schlicht daran, dass wir die Entlastungswirkung in diesen Wintermonaten spürbar und deutlich werden lassen wollen."

Der Verbraucherzentralen Bundesverband lobte dies als wichtige Nachbesserung: "Angesichts extremer Preissprünge brauchen die Verbraucher die Entlastung besser früher als später", sagte Vorständin Ramona Pop. Der Deutsche Mieterbund (DMB) schloss sich dem an, warnte aber, die Mieter seien auf die Mitwirkung der Vermieter angewiesen, wenn die Hilfe im März rückwirkend greifen solle: "Ob Vermieter diese Regelungen unverzüglich umsetzen müssen, ist nach wie vor offen."

Finanziert werden soll das Vorhaben, das allein beim Gas über 50 Milliarden Euro kosten könnte, über einen sogenannten Abwehrschirm von 200 Milliarden Euro. Die Preisbremsen sollen bis April 2024 gelten. Die Gesetzentwürfe sollen diese Woche im Kabinett beschlossen werden, damit sie noch im Dezember Bundestag und Bundesrat passieren können.

Nach einer Beispiel-Rechnung der Regierung könnte ein vierköpfiger Haushalt mit einer 100-Quadratmeter-Wohnung bei Strom und Gas um über 1.000 Euro im Jahr entlastet werden. Umgesetzt werden soll dies, indem die Versorger die monatlichen Abschläge entsprechend reduzieren. Ein Verbrauch über 80 Prozent des Vorjahres schlägt mit den aktuell hohen Preise zu Buche. Wer aber weniger als 80 Prozent verbraucht, soll zusätzlich profitieren. Damit wird ein Anreiz geschaffen, weiter Gas zu sparen.

Für die rund 25.000 Großverbraucher der Industrie soll ebenfalls ab Jänner ein Preis von 7 Cent für 70 Prozent des Gas-Verbrauchs und von 13 Cent beim Strom gelten. Strittig war, ob Unternehmen trotz dieser milliardenschweren Hilfen weiter Dividenden oder Boni für Manager zahlen dürfen. Laut Gesetzentwurf soll dies aber nur bei direkten Kapitalhilfen untersagt werden. Allerdings gibt es in der Ampel-Koalition viele Stimmen, die ein Dividendenverbot gefordert hatten. Das Thema dürfte daher noch einmal diskutiert werden, wenn das Gesetz im Dezember im Parlament behandelt werden soll.

Weiters wird in den Gesetzesentwürfen geregelt, dass die Abschöpfung sogenannter Zufallsgewinne der Stromerzeuger nun doch rückwirkend ab September gelten soll. Erste Eckpunkte waren bereits vor zwei Wochen bekannt geworden. Die Abschöpfung erfolgt rückwirkend ab dem 1. September 2022. "Spätestens ab diesem Datum konnten die Anlagenbetreiber nicht mehr darauf vertrauen, dass sie ihre Überschusserlöse behalten können", heißt es im Entwurf. Die Abschöpfung soll zunächst bis Juni gehen, kann aber bis Ende 2024 verlängert werden. Die Produzenten können gestaffelt nach Erzeugungsart wie etwa Wind-, Sonne- oder Braunkohle einen bestimmten Basiserlös plus einen Aufschlag behalten, müssen darüber hinaus aber 90 Prozent der Erlöse abtreten.

Der Bundesverband Erneuerbarer Energie (BEE) kritisierte den Gesetzesentwurf daher scharf: "Deutschland steigt aus den fossilen Energien aus und zieht gleichzeitig den Erneuerbaren Zukunftsträgern den Boden unter den Füßen weg. Die Bundesregierung riskiert hier mutwillig und ohne Not die bisher erzielten Fortschritte bei der Energiewende", sagte BEE-Präsidentin Simone Peter. Eine rückwirkende Abschöpfung sei zudem verfassungswidrig. Der Stadtwerke-Verband (VKU) sprach von einem Irrweg und einer Gefährdung des Investitionsklimas.

Die EU-Kommission kritisierte unterdessen, dass die von der Bundesregierung geplanten Maßnahmen in der Energiekrise nicht zielgerichtet genug seien. Sie präsentierte am Dienstag Empfehlungen an die Euroländer, wie sie ihre Ausgaben 2023 planen sollten. Insbesondere sollten die Staaten darauf achten, dass Maßnahmen zur Unterstützung der Bürger temporär seien und gezielt die Haushalte und kleinen Unternehmen entlasteten, die von den hohen Energiekosten am meisten betroffen seien und nicht alle gleichermaßen. In Deutschland sei dies nur teilweise der Fall.

Der Kommission zufolge machen gezielte Maßnahmen gegen die hohen Energiepreise in Deutschland in diesem Jahr 0,3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) aus. Ungezielte Maßnahmen umfassen dagegen 0,8 Prozent des BIPs. Im nächsten Jahr ist der Unterschied den Schätzungen zufolge noch größer: Ungezielte Maßnahmen machen 0,7 Prozent des BIPs aus gegenüber gezielten Maßnahmen mit über 0,1 Prozent des BIPs. Insgesamt habe Deutschland 2023 trotz der voraussichtlich hohen Inflation zu stark wachsende Ausgaben, hieß es.

Zudem sprach die EU-Kommission von Ungleichgewichten in der deutschen Wirtschaft, die überprüft werden müssten - etwa steigende Immobilienpreise und ein sinkender Leistungsbilanzüberschuss. Auch bei 16 anderen EU-Staaten kündigte die EU-Kommission Prüfungen an. Die Empfehlungen der Brüsseler Behörde sollen nun von den EU-Staaten besprochen werden.