Bei Ryanair werden wieder mehr Flüge gebucht © APA - Austria Presse Agentur
Europas größter Billigflieger Ryanair rechnet nach einem weiteren schwierigen Quartal mit deutlich steigenden Passagierzahlen im Sommer. Nach über fünf Millionen Fluggästen im Juni sollen es im Juli knapp neun Millionen und im August mehr als zehn Millionen werden, erklärte Ryanair-Chef Michael O'Leary bei der Vorlage der Quartalszahlen am Montag in Dublin. Von einem Jahresgewinn geht er jedoch nicht aus - auch weil die Ticketpreise niedriger lägen als vor der Pandemie.
Der wachsenden Zuversicht der Ryanair-Führung stehen die anhaltenden Unsicherheiten infolge der Corona-Pandemie gegenüber. O'Leary zufolge sind die Buchungszahlen seit der offiziellen Einführung des digitalen EU-Impfzertifikats zum 1. Juli zwar stark gestiegen. Doch die Kunden buchten weiterhin sehr kurzfristig. Daher könne man die Entwicklung im Rest des Geschäftsjahres anhand der Buchungen bisher kaum einschätzen, räumte der Manager ein.
Die fortschreitenden Impfungen gegen Covid-19 stimmen die Ryanair-Spitze allerdings positiv. Wenn der Großteil der Erwachsenen in Europa wie vorausgesagt bis September vollständig geimpft sei, erwartet das Management eine starke Erholung der Passagierzahlen im bevorstehenden Winterhalbjahr und weit in den Sommer 2022 hinein.
Für das laufende Geschäftsjahr bis Ende März 2022 rechnet O'Leary jetzt mit 90 bis 100 Millionen Fluggästen. Zuvor war er von etwa 80 Millionen Passagieren ausgegangen. Im Jahr Eins der Coronapandemie hatte die Lauda-Mutter Ryanair einen Einbruch der Passagierzahlen auf 27,5 Millionen verbucht, nach einem Rekord von 149 Millionen im Jahr 2019/20. Einen Gewinn dürfte das Unternehmen angesichts niedriger Ticketpreise damit jedoch kaum erwirtschaften, schätzt O'Leary. Er erwartet einen kleinen Verlust oder bestenfalls ein Ergebnis nahe der Nulllinie.
Das liegt nicht zuletzt an den roten Zahlen der vergangenen drei Monate. Im ersten Geschäftsquartal bis Ende Juni stand bei Ryanair unter dem Strich ein Verlust von 273 Millionen Euro. Damit fiel das Minus fast eineinhalb Mal so hoch aus wie kurz nach Beginn der Pandemie ein Jahr zuvor.
So musste die Airline nach eigenen Angaben die meisten Flüge rund um Ostern wegen der Pandemie streichen. Zudem seien die Reisebeschränkungen innerhalb der EU im Mai und Juni später gelockert worden als erwartet. Hinzu kam das Hin und Her in Großbritannien: Die dortige Regierung hat eine Liste mit Ländern aufgestellt, in welche die Briten reisen dürfen, ohne nach der Rückkehr in Quarantäne zu müssen. Doch dann strich die Regierung Portugal Anfang Juni kurzfristig wieder von dieser Liste - was zu überhasteten Rückreisen führte und potenzielle Kunden verunsicherte.
Die österreichische Gewerkschaft vida wirft der irischen Fluglinie vor, ihr Geschäft auf Dumpingpreise zu stützen. "Anstatt weiterhin Tickets zu Dumpingpreisen auf den Markt zu werfen, sollten Ryanair und Co endlich faire Gehälter zahlen", kritisiert Daniel Liebhart, Vorsitzender des Fachbereichs Luftfahrt in der vida, am Montag in einer Aussendung. Mit den niedrigen Preisen schade Ryanair dem Klima und durch die "Lohndrückereien" verursache die Airline soziale Verwerfungen. Die Politik solle endlich gegen Dumpingpreise vorgehen und faire Mindestticketpreise durchsetzen, fordert vida.
Branchenexperte Patrick Creuset von der US-Bank Goldman Sachs zeigte sich von dem Ausblick des Ryanair-Managements leicht positiv überrascht. Sein Kollege David Perry von JPMorgan äußerte sich weniger überzeugt: Wegen der zunehmenden Verbreitung der Delta-Variante des Coronavirus dürften Analysten nach seiner Einschätzung jetzt einen etwas höheren Nettoverlust für das laufende Geschäftsjahr veranschlagen.
Die Aktionäre müssen sich inzwischen auf magere Zeiten einstellen. Wegen der hohen Investitionen für die georderten 210 Boeing MAX 200-Jets rechne er nicht damit, die Anteilseigner in den nächsten ein oder zwei Jahren zu bedienen, betonte O'Leary.