Sie befinden sich hier:  Home  |  NEW BUSINESS Export  |  NB EXPORT 1/2019  |  Danke, Euro!

Danke, Euro!

NEW BUSINESS Export - NB EXPORT 1/2019
Die EU will die Rolle des Euro, heute die zweitwichtigste internationale Währung, für die Zukunft weiter stärken. © EU_Christian Creutz

Seit 1999 gibt es den Euro – erst rein digital als Buchwährung, dann auch als Münzen und Scheine. Der Weg dorthin war nicht leicht. Aber er hat sich gelohnt ...

... 20 Jahre später sagen 74 Prozent der ­Bürger, der Euro sei gut für die EU. Immerhin nutzen ihn mittlerweile 340 Millionen Europäer in 19 Mitgliedstaaten. Der Euroraum dominiert heute Österreichs Außenwirtschaft.

Wie Doch die Zeit vergeht. Vor rund 20 Jahren, am 1. Jänner 1999, als die meisten Europäer sich noch von der vorangegangenen Silvesternacht erholten, wurde der Euro eingeführt. Vorerst allerdings nur als Buchwährung. Zugleich wurden die geldpolitischen Zuständigkeiten auf die Europäische Zentralbank und das Eurosystem übertragen. Damit wurde der Euro in elf Mitgliedstaaten auf einen Schlag zur amtlichen Währung. Der Rest war, wenngleich für die EU-Bürger im Alltag deutlich sichtbarer, ­eigentlich mehr eine Formalität: Nachdem der Eurobetrag drei Jahre lang auf Bankauszügen neben der nationalen Währung angegeben worden war, führten zwölf Länder die ­Euro-Banknoten und -Münzen ein und vollzogen damit die größte Währungsumstellung in der Geschichte. Die ersten Mitglieder waren Belgien, Deutschland, Finnland, Frankreich, Irland, Italien, Luxemburg, die Niederlande, Österreich, Portugal und Spanien. Griechenland folgte 2001. Seither haben sich sieben weitere Mitgliedstaaten (Estland, Lettland, Litauen, Malta, die Slowakei, Slowenien und Zypern) der Euro-Familie angeschlossen.

Ein steiniger Weg
Der Weg dorthin war freilich kein leichter. Jean-Claude Juncker, zu Redaktionsschluss noch Präsident der Europäischen Kommission, kramte angesichts des runden Geburtstags in seinem Gedächtnis: „Als einziger noch politisch aktiver Unterzeichner des Vertrags von Maastricht erinnere ich mich an die zähen, doch wegweisenden Verhandlungen über die Schaffung der Wirtschafts- und Währungsunion. Insbesondere erinnere ich mich an unsere tiefe Überzeugung, dass wir ein neues Kapitel unserer gemeinsamen Geschichte aufschlagen würden – ein richtungsweisendes Kapitel für die Rolle Europas in der Welt und die Zukunft all seiner Bürger. Nach 20 Jahren bin ich heute davon überzeugt, dass dies die wichtigste Unterschrift meines Lebens war. Der Euro ist zu einem Symbol der Einheit, der Souveränität und der Stabilität geworden. Er hat unseren Bürgerinnen und Bürgern Wohlstand und Schutz gebracht, und wir müssen dafür sorgen, dass er dies auch weiterhin tut. Wir arbeiten daher weiter intensiv an der Vollendung unserer Wirtschafts- und Währungsunion sowie an einer weiteren ­Stärkung der internationalen Rolle des Euro.“
Die Einführung des Euro markierte den Schlusspunkt eines langen Wegs, der lange zuvor eingeschlagen worden war. Die weltweiten währungspolitischen Turbulenzen der 1970er- und 1980er-Jahre hatten einzelne europäische Länder schwer getroffen und nach einer europäischen Lösung gerufen. Nach der Schaffung eines gemeinsamen Markts sollte die Einführung einer einheitlichen Währung Arbeit und Handel erleichtern. Nach jahrzehntelangen Vorgesprächen darüber, wie eine Wirtschafts- und Währungsunion erreicht werden könne, wurde 1988 der Delors-Ausschuss eingerichtet. Unter dem Vorsitz des damaligen Kommissionspräsidenten Jacques Delors wurden gezielte, schrittweise zu einer einheitlichen Währung führende Maßnahmen geprüft. Auf der Grundlage des vom Delors-Ausschuss verfassten Berichts sowie der anschließenden Verhandlungen unterzeichneten die politischen Entscheidungsträger 1992 in Maastricht die von Herrn Juncker bereits angesprochene Vereinbarung, mit der die einheitliche Währung ins Leben gerufen wurde. Die Unterzeichnung des Vertrags von Maastricht wurde somit zu einem symbolischen Moment für die Einführung des Euro. 1994 nahm das Europäische Währungsinstitut (EWI) in Frankfurt vorbereitende Arbeiten auf, um der Europäischen Zentralbank (EZB) die Wahrnehmung ihrer Verantwortung für die Währungspolitik im Euro-Währungsgebiet zu ermöglichen. Am 1. Juni 1998 nahm die EZB schließlich ihre Arbeit auf.

Zweitwichtigste Währung der Welt
Trotz seines vergleichsweise jugendlichen Alters ist der Euro heute bereits die Währung von insgesamt rund 340 Millionen Europäern in 19 Mitgliedstaaten. Weltweit nutzen ihn weitere 175 Millionen Menschen, und rund 60 Länder haben ihre Währungen auf die eine oder andere Weise an ihn gekoppelt. Dadurch ist er die zweitwichtigste internationale Währung. Falls Sie sich fragen sollten: Als wichtigste Währung gilt noch immer der Dollar.
Die öffentliche Unterstützung für den Euro ist in der EU durchweg hoch, besonders in Ländern, die den Euro bereits verwenden. So vertraten bei der letzten Erhebung im Euroraum 74 Prozent der Befragten die Auffassung, der Euro sei gut für die EU; damit ist der Wert seit dem Rekordhoch der vorangegangenen Befragung konstant geblieben, was bestätigt, dass die öffentliche Zustimmung zum Euro seit Beginn der Erhebungen im Jahr 2002 so hoch ist wie noch nie. 64 Prozent der Befragten im Euro­raum vertraten ferner die Auffassung, der Euro sei gut für ihr Land. Für 36 Prozent der Europäerinnen und Europäer ist der Euro eines der wichtigsten Symbole der Europä­ischen Union, womit er direkt nach der Freiheit kommt.

Fakten, Fakten, Fakten
„Schön und gut“, mag jetzt der eine oder andere sagen, „wenn sich die EU-Bürger freuen, ist das toll, aber was hat der Euro je für Österreich getan? Wo sind die Zahlen, wo sind die Fakten?“ Wie wäre es denn in diesem Fall mit einer Einschätzung der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB)?
„Österreichs Außenwirtschaft durchläuft derzeit ihre historisch erfolgreichste Phase, an deren Beginn der EU-Beitritt stand“, berichtete Vize-Gouverneur Andreas Ittner Mitte Mai bei der Präsentation des aktuellen Zahlungsbilanz­ergebnisses in der OeNB. „Österreich profitierte in weiterer Folge besonders von den Vorteilen des Euro, der den Heimmarkt deutlich erweiterte und in seiner Eigenschaft als Weltwährung Stabilität in wirtschaftlich schwierigen Zeiten gewährte“, so Ittner weiter. Natürlich ist nicht alles Friede, Freude, Eierkuchen. Der Vize-Gouverneur mahnte auch: „Dennoch sind auch weiterhin Anstrengungen erforderlich, um vor allem technologisch mit aktuellen Entwicklungen innerhalb wie auch außerhalb Europas Schritt zu halten.“

Euroraum dominant
„Der Euroraum dominiert Österreichs Außenwirtschaft und absorbierte 2018 mit rund 118 Milliarden Euro mehr als die Hälfte der gesamten Exporterlöse aus dem Güter- und Dienstleistungshandel“, lieferte Johannes Turner, Direktor der OeNB-Hauptabteilung Statistik, weitere Fakten. Auf unseren Nachbarn Deutschland entfallen davon rund 60 Prozent. Im Vergleich dazu fielen die Exporte in den für Österreich ebenfalls sehr bedeutsamen CESEE-Raum (Central, Eastern and Southeastern Europe; Daten ohne Slowenien und Slowakei, die Teil des Euroraums sind) mit 30 Milliarden Euro ein wenig geringer aus.
Österreichs Leistungsbilanz erreichte 2018 mit neun Mil­liarden Euro (2,3 Prozent des BIP) übrigens einen höheren Überschuss als noch 2017 (7,2 Milliarden Euro). Dieses Plus ist der Nationalbank zufolge auf deutlich gestiegene Güter­exporte (+9 Prozent) zurückzuführen, während die Importe nur um 6,4 Prozent zunahmen. Maschinen und Fahrzeuge prägen die Struktur des Güterhandels ein- und ausfuhrseitig. Per saldo ergab die Güterbilanz einen Überschuss von 4,5 Milliarden Euro (2017: 0,9 Milliarden Euro), jene der Dienstleistungen (einschließlich Reiseverkehr) schloss nahezu unverändert mit 10,3 Milliarden Euro.
Der Reiseverkehr lag 2018 in mehrfacher Hinsicht auf Rekordniveau: Mit 19,5 Milliarden Euro wurden die bislang höchsten Einnahmen erzielt. Gleichzeitig erreichte auch der Saldo mit 9,3 Milliarden Euro einen Höchststand. Wichtigster Herkunftsmarkt war der Euroraum (wieder vor allem Nachbar Deutschland), der mit 12,8 Milliarden Euro brutto bzw. 6,9 Milliarden Euro netto ebenfalls historische Bestmarken übertraf. Deutsche Touristinnen und Touristen sind mit 47 Prozent nach wie vor mit Abstand die größte Gästegruppe (+9 Prozent gegenüber 2017). Ihr Anteil hat sich in den letzten 20 Jahren jedoch um zehn Prozentpunkte verringert. Im Jahr 2018 wurde Österreich insbesondere für Reisende außerhalb Europas interessanter. Besonders ausgeprägt waren die Zunahmen gegenüber 2017 bei US-amerikanischen, russischen und chinesischen Gästen.
Österreicherinnen und Österreicher wendeten 2018 rund zehn Milliarden Euro für Auslandsreisen auf (+6,3 Prozent gegenüber 2017). Insbesondere in den klassischen Urlaubsdestinationen Italien (+9 Prozent) und Kroatien (+14 Prozent) wurde mehr ausgegeben als im Jahr zuvor. Das ging zulasten Frankreichs (–13 Prozent), der USA (–10 Prozent) und Griechenlands (–2 Prozent).

Kapitalverkehr
Nach diesem kleinen Schlenker in den wirtschaftlichen Kontext wieder zurück zur Währung: Österreichs grenzüberschreitender Kapitalverkehr ist deutlich von Euro-Transaktionen dominiert. Rund 550 Milliarden Euro oder zwei Drittel des gesamten Auslandsvermögens werden frei von Währungskursrisiken in Euro gehalten. Auf den US-Dollar entfallen laut der OeNB dagegen nur rund 100 Mil­liarden Euro. Der Einfluss des Euro als Anlagewährung reicht dabei weit über die Grenzen der Währungsunion h­inaus: Ein Viertel des in Euro gehaltenen Auslands­vermögens (134 Milliarden Euro) liegt außerhalb des ­Euroraums, vor allem im CESEE-Raum.
In den vergangenen 20 Jahren nahm die Bedeutung der Länder des Euroraums als Zielregion für österreichische Investoren der OeNB zufolge zu, auch wenn jüngst eine Abschwächung der Veranlagungs- und Finanzierungsaktivitäten festzustellen gewesen sei.
Österreichs Direktinvestitionen zeigten 2018 sowohl aktivseitig (199,2 Milliarden Euro) als auch passivseitig (182,6 Milliarden Euro) neue Höchststände. Ausländische Unternehmensbeteiligungen in Österreich legten um 13,4 Prozent zu und wurden durch große M&A-Deals im Immobiliensektor, durch Neuinvestitionen sowie Bewertungseffekte getrieben. Österreichs Direktinvestitionen im Ausland wuchsen – ausschließlich infolge von Bewertungseffekten – ebenfalls, jedoch deutlich schwächer (+2,1 Prozent). Das österreichische Direktinvestitionsgeschäft ist – trotz der mitunter dynamischen Aktivitäten vergangener Jahre in den CESEE-Ländern – fest im Euroraum verankert: Etwa die Hälfte (48 Prozent) aller aktiven Unternehmensbeteiligungen werden dort gehalten, rund zwei Drittel der passiven Direktinvestitionen stammen aus diesem Raum.
Österreichs Wertpapierbesitz im Ausland hat sich 2018 vor allem aufgrund hoher negativer Preiseffekte ( 14,0 Milliarden Euro oder –4,6 Prozent) reduziert. Erstmals seit 2012 kam es zu Nettoverkäufen ausländischer Wertpapiere (–1,2 Milliarden Euro), wobei vor allem langfristige Staatsanleihen abgestoßen wurden. Österreichische Wertpapiere im Besitz internationaler Gläubiger verloren durch ­Preiseffekte ebenfalls deutlich an Wert (–13,6 Milliarden Euro oder –3,7 Prozent), da der ATX 2018 um fast 20 Prozent einbrach. Nettoverkäufe aus dem Ausland in Höhe von 5,7 Milliarden Euro verringerten Österreichs Auslandsverpflichtungen zusätzlich.

Stärkung der Rolle des Euro
Sollte Ihnen jetzt der Kopf vor lauter Zahlen schwirren: Seien Sie versichert, das ist normal. Insgesamt lässt sich festhalten, dass es deutlich schlechter aussehen könnte. Dass dem nicht so ist, haben wir nicht zuletzt dem Euro zu verdanken. Sich auf dem Erreichten auszuruhen, ist aber selten eine gute Idee. Deswegen hat die Europäische Kommission Ende letzten Jahres auch verschiedene Maßnahmen vorgestellt, mit denen die Rolle des Euro in einer sich wandelnden Welt gestärkt werden soll. Dazu zählen unter anderem:
• Vollendung der Wirtschafts- und Währungsunion, der Bankenunion und der Kapitalmarktunion.
• Zusätzliche Maßnahmen zur Förderung eines tiefen europäischen Finanzsektors mit stärkeren europäischen Finanzmarktinfrastrukturen.
• Auf den internationalen Finanzsektor abstellende Initiativen, wie zum Beispiel die laufende Zusammenarbeit zwischen den Zentralbanken zur Wahrung der Finanzstabilität.
Die Kommission appellierte auch an die Mitgliedstaaten, die breitere Verwendung des Euro in strategischen Sektoren zu fördern. Denn obwohl europäische Unternehmen auf zentralen strategischen Märkten nicht nur Großabnehmer, sondern auch Großproduzenten sind, handeln sie dort nach wie vor in US-Dollar – oft sogar untereinander. Nicht nur die Europäische Kommission ist da der Meinung: Das muss doch nicht sein, oder? (RNF)